Nach der US-Wahl: Wie Deutschland die Spaltung verhindern und die Verwaltung reformieren kann
Aus den US-Wahlen lassen sich auch für Deutschland und Europa wertvolle Lehren ziehen: Die soziale Spaltung in den USA, die Donald Trump zum Teil selbst vorangetrieben hat, trennt immer stärker die Wohlhabenden von den wirtschaftlich Abgehängten. Dieser Riss treibt die US-Gesellschaft weiter nach rechts. Zwar wird die gesamtwirtschaftliche Entwicklung durch Programme wie den Inflation Reduction Act (IRA) positiv wahrgenommen, dennoch empfinden viele Amerikaner ihre persönliche Situation als prekär: Steigende Preise, die unerreichbare Aussicht auf Wohneigentum und die Notwendigkeit, Zweitjobs anzunehmen, prägen das Bild. Diese Missstände werden durch Ineffizienzen in der staatlichen Infrastruktur und Verwaltung noch verstärkt. Die Frage, wie es den Menschen persönlich besser gehen könnte, konnten die Demokraten bei der Präsidentenwahl nicht beantworten.
Ähnliche Enttäuschungen in der Bevölkerung finden sich auch in anderen Gesellschaften und führen weltweit zu einem Rechtsruck. Auch in Deutschland wächst der Unmut über überbordende Bürokratie und ausbleibende Reformen. Dazu zählt auch der Bereich der Digitalisierung. Die Hoffnung, dass "schon alles besser wird", reicht nicht aus - ohne einen grundlegenden Umbau der staatlichen Strukturen ist die Zukunftsfähigkeit nicht gesichert. Noch hat Deutschland die Kraft, die notwendigen Weichen für eine Zeitenwende 2.0 zu stellen und die neue Regierung ist gefordert, diesen Weg zu gehen.
Zeitenwende 2.0 heißt: Effizienz durch Digitalisierung, Entbürokratisierung und Aufgabenbündelung
Die Verwaltung sollte sich auf eine zentrale Datenhaltung und eine skalierbare Aufgabenverteilung konzentrieren, um die Verkrustung und Zersplitterung der über 25.000 Behörden in Silos abzubauen. Statt in 11.000 Kommunen 11.000 Mal das Gleiche zu tun, muss die Verwaltung modernisiert werden - und zwar substanziell. Es reicht nicht aus, den digitalen Anwohnerparkausweis als Erfolg des E-Government zu feiern; das Ziel muss eine flächendeckende Nutzung und Bereitstellung von Daten und die Anwendung von KI sein, die Dienstleistungen beschleunigt und für Bürger:innen spürbare Verbesserungen bringt.
Wie wäre es mit einer föderalen digitalen Datennutzung in der Cloud? Warum nicht das Zielbild einer modernen Verwaltung, das der IT-Planungsrat erst für den Sommer 2025 vorsieht, sofort angehen und beschleunigen? Die Bundeswahlleiterin beklagt anlässlich eines frühen Wahltermins, es gäbe einen Papiermangel und die Wahl sei so nur schwerlich möglich. Statt weiter auf Papier für die nächste Wahl zu setzen, sollten wir uns jetzt schon die Einführung von E-Voting für die übernächste Bundestagswahl zum Ziel setzen. Die technischen und rechtlichen Fragen sind längst geklärt, wie zum Beispiel die Sozialwahlen gezeigt haben.
Digitale Experten tragen eine zentrale Verantwortung für den Umbau des Staates
Weg vom "Klein-Klein", hin zu einer umfassenden Reform: Deutschland muss im Schulterschluss mit Europa eine leistungsfähige Verwaltung aufbauen, die flexibel und effizient auf Krisen wie Klimawandel, Migration und Demografie reagieren kann und die die Möglichkeiten der Automatisierung nutzt. Die Verwaltung ist längst zu einem wichtigen Standortfaktor geworden. Deutschland und Europa müssen schnell und entschlossen handeln.
Vorabveröffentlichung aus dem ZMI-Newsletter vom 10.11.2024