Eins rein, eins raus

Eins rein, eins raus

CDU, SPD und BSW haben in Thüringen einen Entwurf für einen Koalitionsvertrag vorgelegt. Die Parteien müssen ihn noch bestätigen. Im Kapitel Moderner Staat und Digitalisierung ist es auf sechs Seiten gelungen, ohne ideologischen Überbau einige neue Akzente zu setzen, die auch für andere Bundesländer oder den Bund interessant sein könnten.

 Die Landesregierung will eine sogenannte Paragraphenbremse einführen mit dem Ziel, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, Bürokratiekosten zu senken und gleichzeitig die Effizienz staatlicher Prozesse nachhaltig zu steigern. Kern der Paragraphenbremse ist das Prinzip „one in, one out“. Für jede neue Vorschrift, die auf Landesebene eingeführt wird, muss eine bestehende Vorschrift gestrichen werden. Dieser Mechanismus sorgt nicht nur dafür, dass der Rechtsrahmen schlank bleibt, sondern auch dafür, dass neue Regelungen einen echten Mehrwert schaffen. Im Fokus stehen dabei die Kommunen: Als Hauptakteure bei der Umsetzung staatlicher Aufgaben leiden sie häufig unter einer Überfrachtung mit Berichtspflichten, Dokumentationserfordernissen und wenig praktikablen Vorschriften. Das soll sich mit der Paragraphenbremse ändern.

 Die Koalition setzt auf das Once-Only-Prinzip, d.h. Daten, die bereits bei einer Behörde von Bürgerinnen und Bürgern oder von Unternehmen vorliegen, müssen nicht erneut abgefragt oder vom Antragsteller eingegeben werden. Dies schreibt das europäische Recht bereits seit geraumer Zeit vor. Bundes-CIO Markus Richter fordert für dieses Prinzip sogar einen Rechtsanspruch. Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände haben "Once Only" Mitte November in ihrer ersten gemeinsamen Digitalstrategie als Leitprinzip festgeschrieben. Eine Reihe von Voraussetzungen muss aber noch geschaffen werden, etwa die Modernisierung der Register. Markus Richter ist beizupflichten, dass der Druck erhöht werden muss. "Sonst wird das nichts mit der Verwaltungsmodernisierung." So ist der Ansatz im Thüringer Koalitionsvertrag, dieses Prinzip umzusetzen, ein richtiger Schritt.

 Neben dem Abbau bürokratischer Hürden setzt die Landesregierung auf die Digitalisierung, um den öffentlichen Dienst zukunftsfähig zu machen. Das „Digital-First-Prinzip“ soll zum Standard werden, indem Verwaltungsleistungen vorrangig digital angeboten und organisiert werden. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Optimierung der Thüringen-Cloud und die Einführung moderner Verwaltungsportale. Diese sollen nicht nur die Interaktion der Bürgerinnen und Bürger mit der Verwaltung vereinfachen, sondern auch die internen Prozesse beschleunigen und transparenter gestalten.

 Ein zentrales Element der Modernisierungsstrategie ist der so genannte Shared-Service-Ansatz

 Dieser sieht vor, dass delegierte Aufgaben - insbesondere in den Bereichen IT und Verwaltungsmanagement - auch zentral bearbeitet werden können. Durch die Bündelung standardisierter Verwaltungsaufgaben in zentralen Einheiten sollen die Kommunen entlastet und Synergieeffekte genutzt werden. Durch die zentrale Bearbeitung können bestimmte Leistungen schneller, kostengünstiger und einheitlicher angeboten werden. Gleichzeitig können sich die Kommunen stärker auf ihre spezifischen lokalen Herausforderungen konzentrieren, ohne die Qualität ihrer Kernleistungen zu gefährden. Beispiele für solche Shared Services sind IT-Supportleistungen, die zentrale Beschaffung von Software oder die Pflege gemeinsamer Datenbestände, zum Beispiel in der Thüringen-Cloud. Auch im Personal- oder Finanzwesen könnten Kommunen künftig von zentral organisierten Serviceeinheiten profitieren.

 Neben dem Shared-Service-Ansatz sollen auch direkte Kooperationen zwischen Kommunen gefördert werden. Dies betrifft vor allem Bereiche wie IT-Dienstleistungen, Prozessmanagement und Schulung. Durch solche Zusammenschlüsse können Ressourcen effizienter genutzt und Verwaltungsleistungen verbessert werden. Der Shared-Service-Ansatz ist ein richtiger Weg, künftig Aufgaben gemeinsam durchzuführen. Nicht alle 11.000 Kommunen müssen das Gleiche machen. (Franz-Reinhard Habbel).

++Vorveröffentlichung aus dem ZMI-Newsletter++

 

Das klingt alles sehr vernünftig. Ich wünsche allen Akteuren viel Erfolg bei der Umsetzung 🎉

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