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Lasten durch neue Gesetze Unternehmen leiden so sehr unter Bürokratie wie nie

Wirtschaftsminister Habeck will Bürokratie eigentlich abbauen. Doch die entsprechende Belastung für Unternehmen, Bürger und Behörden ist unter der Ampelregierung laut einem Expertengremium auf ein Rekordhoch gestiegen.
Stempel in einer deutschen Behörde: Gas- und Strompreisbremse »wahnsinnig kompliziert«

Stempel in einer deutschen Behörde: Gas- und Strompreisbremse »wahnsinnig kompliziert«

Foto: Sebastian Gollnow / dpa

Die Belastungen von Unternehmen, Behörden und Bürgern durch Bürokratie haben laut aktuellem Jahresbericht  des Normenkontrollrats (NKR) ein neues Rekordniveau erreicht. Die durch neue Gesetze verursachten Bürokratie-Lasten seien so hoch wie nie, teilte das Expertengremium in dem Bericht an die Bundesregierung mit. Das unabhängige Gremium untersucht alljährlich den Zeitaufwand und die Kosten, die durch neue Gesetze entstehen.

Im nun vorgelegten Bericht, der den Zeitraum von Juli 2022 bis Juni 2023 umfasst, heißt es: »Gegenüber den Vorjahren ist die aus Bundesrecht stammende Belastung von Unternehmen, Behörden und Bevölkerung stark gewachsen – um 9,3 Milliarden Euro pro Jahr und einmalig um 23,7 Milliarden Euro.«

Der größte Kostentreiber ist den Experten zufolge das Gebäudeenergiegesetz, mit dem allerdings auch ein großer zukünftiger Nutzen verbunden sei. Die Gas- und Strompreisbremse sei »wahnsinnig kompliziert aufgesetzt worden«, kritisierte die stellvertretende NKR-Vorsitzende, Sabine Kuhlmann.

Neue Föderalismusreform angemahnt

Wenn überkomplexe Gesetze von einer Verwaltung umgesetzt werden sollten, die unter Personalmangel und Verzögerungen bei der Digitalisierung geprägt sei, nehme die Überlastung besorgniserregende Ausmaße an, warnte der NKR-Vorsitzende, Lutz Goebel. Er forderte in der Gesetzgebung »mehr Mut zur Lücke« und erklärte: »Hätten wir leistungsfähigere Strukturen, würde ein Mehr an Regulierung vielleicht weniger ins Gewicht fallen.« Dringend notwendig sei zudem eine neue Föderalismusreform.

Die Ergebnisse dürften ein schwerer Schlag für die regierende Ampelregierung sein. Hat sie sich doch eigentlich vorgenommen, Bürokratie abzubauen – auch, um die Konjunktur in Gang zu bringen. Grünenpolitiker Robert Habeck plante etwa zuletzt, Vorschriften des in der Wirtschaft höchst umstrittenen Lieferkettengesetzes aufzuheben.

Positiv hob der NKR-Vorsitzende Goebel hervor, dass das Bundeswirtschaftsministerium zumindest inzwischen erkannt habe, dass vereinfachte Prozesse notwendig seien, um die von der Regierung angestrebte »Grüne Transformation« in die Tat umzusetzen. NKR-Vize Kuhlmann sagte allerdings, es mangele, was den Bürokratieabbau angehe, nicht an Erkenntnis, sondern an praktischer Umsetzung.

Warnung vor komplizierter Kindergrundsicherung

Kritisch beurteilte sie etwa die ersten Überlegungen der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung. Diese liefen zumindest für die Verwaltung nicht auf eine Vereinfachung hinaus, da nach den jetzigen Plänen »eine Vielzahl von Behörden« mit dem Vollzug beschäftigt wäre.

Dem Bundesinnenministerium warf Goebel mangelnde Transparenz vor, was die von ihm zu verantwortende Digitalisierung von Verwaltungsleistungen angeht. Das Onlinezugangsgesetz und dessen Umsetzung seien aus Sicht des Normenkontrollrats sozusagen »im Keller verschwunden«.

apr/dpa