Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

An­spruch von An­woh­nern auf Ein­schrei­ten der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de ge­gen ver­bots­wid­ri­ges Geh­weg­par­ken?


Die Klä­ger be­geh­ren ein Ein­schrei­ten der Bre­mi­schen Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de ge­gen das ver­bots­wid­ri­ge Par­ken auf Geh­we­gen.


Die Klä­ger sind bzw. wa­ren Ei­gen­tü­mer und Be­woh­ner von Häu­sern in drei in Bre­men ge­le­ge­nen Stra­ßen. Da­bei han­delt es sich um Ein­bahn­stra­ßen, de­ren Fahr­bah­nen zwi­schen 5,00 m und 5,50 m breit sind und die beid­sei­tig über Geh­we­ge mit ei­ner Brei­te zwi­schen 1,75 m und 2,00 m ver­fü­gen. In den Stra­ßen wird seit Jah­ren auf bei­den Stra­ßen­sei­ten na­he­zu durch­ge­hend auf den Geh­we­gen ge­parkt; Ver­kehrs­zei­chen, die das Hal­ten und Par­ken re­geln, sind nicht an­ge­ord­net. Den am 4. De­zem­ber 2018 bei der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de der Be­klag­ten ge­stell­ten An­trag, ge­eig­ne­te und wirk­sa­me Maß­nah­men ge­gen das Par­ken auf den Geh­we­gen in die­sen Stra­ßen zu er­grei­fen, lehn­te die Be­klag­te mit Be­scheid vom 27. Mai 2019 ab. Auf die nach er­folg­lo­sem Wi­der­spruch er­ho­be­ne Kla­ge hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Bre­men die Be­klag­te ver­pflich­tet, die Klä­ger un­ter Be­ach­tung sei­ner Rechts­auf­fas­sung neu zu be­schei­den und die Kla­ge im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen. Ge­gen die­ses Ur­teil ha­ben so­wohl die Be­klag­te als auch die Klä­ger Be­ru­fung ein­ge­legt.


Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten das erst­in­stanz­li­che Ur­teil da­hin ab­ge­än­dert, dass ei­ne er­neu­te Ent­schei­dung über den An­trag der Klä­ger vom 4. De­zem­ber 2018 un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts zu er­fol­gen ha­be; im Üb­ri­gen hat es die Be­ru­fun­gen zu­rück­ge­wie­sen. Die Kla­ge sei nicht hin­rei­chend be­stimmt und da­her un­zu­läs­sig, so­weit die Klä­ger be­gehr­ten, der Be­klag­ten auf­zu­ge­ben, ge­eig­ne­te Maß­nah­men zu er­grei­fen, um das re­gel­mä­ßi­ge Par­ken in den ge­nann­ten Stra­ßen zu un­ter­bin­den. Zu­läs­sig sei die Kla­ge hin­ge­gen, so­weit die Klä­ger ei­ne Neu­be­schei­dung ih­res An­trags auf be­hörd­li­ches Ein­schrei­ten ver­lang­ten. In der Sa­che hät­ten die Klä­ger ei­nen An­spruch auf ei­ne er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über ih­re An­trä­ge, doch sei das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten - ent­ge­gen der An­nah­me des Ver­wal­tungs­ge­richts - nicht auf Null re­du­ziert. § 45· Abs. 1 Satz 1 der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung (StVO), § 10 Abs.1 Satz 1 des Bre­mi­schen Po­li­zei­ge­set­zes und § 11 Abs. 2 des Bre­mi­schen Ver­wal­tungs­voll­stre­ckungs­ge­setz­es (BremV­wVG) be­grün­de­ten in Ver­bin­dung mit dem zu­guns­ten der Geh­weg­be­nut­zer dritt­schüt­zen­den Ver­bot des Geh­weg­par­kens aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO ei­nen in­di­vi­du­el­len An­spruch auf be­hörd­li­ches Ein­schrei­ten, so­weit die Nutz­bar­keit der Geh­we­ge durch ein ver­bots­wid­ri­ges Geh­weg­par­ken in un­zu­mut­ba­rer Wei­se be­ein­träch­tigt wer­de. Hier be­stehe ei­ne für die Klä­ger un­zu­mut­ba­re Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung der Geh­we­ge, Weil die durch das Geh­weg­par­ken ver­blei­ben­de Rest­geh­weg­brei­te von - zum Teil deut­lich - we­ni­ger als 1,5 m auf an­nä­hernd der ge­sam­ten Geh­weg­län­ge be­stehe und da­durch ein Be­geg­nungs­ver­kehr nicht mehr mög­lich sei.​Die von der Be­klag­ten in den an­ge­grif­fe­nen Be­schei­den ge­trof­fe­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung sei feh­ler­haft. Da die Klä­ger An­spruch auf ei­ne er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung hät­ten, ha­be die Be­klag­te er­neut zu ent­schei­den und da­bei die Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts zu be­ach­ten. Ei­ne Pflicht der Be­klag­ten, auf den An­trag der Klä­ger hin in den be­trof­fe­nen Stra­ßen un­mit­tel­bar ein­zu­schrei­ten, be­stehe je­doch je­den­falls der­zeit noch nicht. Das Er­mes­sen über das "ob" ei­nes Ein­schrei­tens durch die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de sei der­zeit nicht auf Null re­du­ziert. Es könn­te auch da­hin aus­ge­übt wer­den, dass ein so­for­ti­ges Ein­schrei­ten aus sach­ge­rech­ten Grün­den ver­sagt wer­de, et­wa um zu­nächst ein Kon­zept für ein stadt­wei­tes Vor­ge­hen und ei­ne Prio­ri­sie­rung be­son­ders in­ten­siv be­trof­fe­ner Stra­ßen zu ent­wi­ckeln.


Ge­gen die­ses Ur­teil rich­ten sich die vom Be­ru­fungs­ge­richt we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­se­nen Re­vi­sio­nen, die so­wohl die Klä­ger als auch die Be­klag­te ein­ge­legt ha­ben.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 28/2024 vom 06.06.2024

Zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­spruchs von An­woh­nern ge­gen die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de auf Ein­schrei­ten ge­gen ver­bots­wid­rig auf den Geh­we­gen ge­park­te Fahr­zeu­ge

 An­woh­ner kön­nen bei ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung der be­stim­mungs­ge­mä­ßen Geh­weg­be­nut­zung ei­nen räum­lich be­grenz­ten An­spruch ge­gen die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de auf ei­ne er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über das Ein­schrei­ten ge­gen das ver­bots­wid­ri­ge Geh­weg­par­ken ha­ben. Das hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heu­te ent­schie­den.


Die Klä­ger be­geh­ren von der Be­klag­ten ein stra­ßen­ver­kehrs­be­hörd­li­ches Ein­schrei­ten ge­gen Fahr­zeu­ge, die auf­ge­setzt auf den Geh­we­gen in drei Bre­mer Stra­ßen ge­parkt wer­den. Die Klä­ger sind Ei­gen­tü­mer von Häu­sern in den be­tref­fen­den Stra­ßen. Die drei Stra­ßen sind Ein­bahn­stra­ßen. Die Fahr­bah­nen sind zwi­schen 5,00 und 5,50 Me­tern breit; auf bei­den Sei­ten ver­lau­fen Geh­we­ge mit ei­ner Brei­te zwi­schen 1,75 und 2,00 Me­tern. Ver­kehrs­zei­chen mit Re­ge­lun­gen zum Hal­ten und Par­ken sind nicht an­ge­ord­net. Seit Jah­ren wird un­ter an­de­rem in den drei Stra­ßen auf bei­den Sei­ten na­he­zu durch­ge­hend ver­bots­wid­rig auf­ge­setzt auf den Geh­we­gen ge­parkt.


Die ge­gen die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de der be­klag­ten Frei­en Han­se­stadt Bre­men ge­rich­te­ten An­trä­ge der Klä­ger, Maß­nah­men ge­gen das Par­ken auf den Geh­we­gen in den Stra­ßen zu er­grei­fen, lehn­te die Be­klag­te ab. Ver­kehrs­zei­chen und -ein­rich­tun­gen sei­en nicht - wie für de­ren An­ord­nung ge­bo­ten - zwin­gend er­for­der­lich. Das Geh­weg­par­ken sei be­reits auf der Grund­la­ge von § 12 Abs. 4 und 4a der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung (StVO) ver­bo­ten.


Auf die hier­ge­gen nach er­folg­lo­sem Wi­der­spruch er­ho­be­nen Kla­gen hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Bre­men die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung der an­ge­grif­fe­nen Be­schei­de ver­pflich­tet, die Klä­ger un­ter Be­ach­tung sei­ner Rechts­auf­fas­sung neu zu be­schei­den; im Üb­ri­gen hat es die Kla­gen ab­ge­wie­sen. § 12 Abs. 4 und 4a StVO ha­be ei­ne dritt­schüt­zen­de Wir­kung zu ih­ren Guns­ten. We­gen der Dau­er und Häu­fig­keit der Be­ein­träch­ti­gun­gen sei das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten auf Null re­du­ziert; die Be­klag­te sei zum Ein­schrei­ten ver­pflich­tet. Ge­gen die­ses Ur­teil ha­ben die Klä­ger und die Be­klag­te Be­ru­fung ein­ge­legt. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Bre­men die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung da­hin ge­än­dert, dass ei­ne er­neu­te Ent­schei­dung über die An­trä­ge der Klä­ger un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts zu er­fol­gen ha­be; im Üb­ri­gen hat es die Be­ru­fun­gen zu­rück­ge­wie­sen. Wie das Ver­wal­tungs­ge­richt hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ei­ne dritt­schüt­zen­de Wir­kung von § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu­guns­ten der Klä­ger be­jaht. Die Be­klag­te ha­be über das Be­geh­ren der Klä­ger nicht er­mes­sens­feh­ler­frei ent­schie­den. An­ders als das Ver­wal­tungs­ge­richt war das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aber der Auf­fas­sung, dass das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten nicht auf Null re­du­ziert sei. Ei­ne Pflicht, auf die An­trä­ge der Klä­ger in den drei Stra­ßen un­mit­tel­bar ein­zu­schrei­ten, be­stehe je­den­falls der­zeit nicht. Es sei nicht zu be­an­stan­den, wenn sie zu­nächst den Pro­blem­druck in den am stärks­ten be­las­te­ten Quar­tie­ren zu er­mit­teln und ein Kon­zept für ein stadt­wei­tes Vor­ge­hen um­zu­set­zen ge­den­ke.


Ge­gen das Be­ru­fungs­ur­teil ha­ben die Klä­ger und die Be­klag­te Re­vi­si­on ein­ge­legt. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt die an­ge­foch­te­nen Ur­tei­le ge­än­dert und die Be­klag­te ver­pflich­tet, die Klä­ger un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts neu zu be­schei­den; im Üb­ri­gen hat es die Re­vi­sio­nen zu­rück­ge­wie­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß an­ge­nom­men, dass das § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu ent­neh­men­de Geh­weg­park­ver­bot ei­ne dritt­schüt­zen­de Wir­kung zu­guns­ten der Klä­ger hat. Das Ver­bot des Geh­weg­par­kens schützt nicht nur die All­ge­mein­heit, son­dern auch An­woh­ner, die in der Nut­zung des an ihr Grund­stück gren­zen­den Geh­wegs er­heb­lich be­ein­träch­tigt wer­den. Nach den vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen ist die­se Vor­aus­set­zung bei den Klä­gern er­füllt. Die wei­te­re An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten sei nicht auf Null re­du­ziert, sie sei al­so noch nicht zu ei­nem un­mit­tel­ba­ren Ein­schrei­ten ver­pflich­tet, ver­stö­ßt nicht ge­gen Bun­des­recht. Da das un­er­laub­te Geh­weg­par­ken nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts in der ge­sam­ten Stadt, ins­be­son­de­re in den in­ner­städ­ti­schen La­gen weit ver­brei­tet ist, ist es nicht zu be­an­stan­den, wenn die Be­klag­te zu­nächst die am stärks­ten be­las­te­ten Quar­tie­re er­mit­telt, Stra­ßen mit be­son­ders ge­rin­ger Rest­geh­weg­brei­te prio­ri­siert und ein ent­spre­chen­des Kon­zept für ein stadt­wei­tes Vor­ge­hen um­setzt. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wa­ren die an­ge­foch­te­nen Ur­tei­le zu än­dern, so­weit sie den Klä­gern ei­nen An­spruch in Be­zug auf die "streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen" zu­er­kannt ha­ben. Die dritt­schüt­zen­de Wir­kung des Geh­weg­park­ver­bots aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO ist re­gel­mä­ßig - und so auch hier - auf den Geh­weg be­schränkt, der auf der "ei­ge­nen" Stra­ßen­sei­te des An­woh­ners ver­läuft; um­fasst ist in der Re­gel auch nur der Stra­ßen­ab­schnitt bis zur Ein­mün­dung "sei­ner" Stra­ße in die nächs­te (Quer-)Stra­ße. In Be­zug auf wei­te­re Ab­schnit­te des Geh­wegs sind die An­woh­ner Teil des all­ge­mei­nen Krei­ses der Geh­weg­be­nut­zer und nicht mehr hin­rei­chend von der All­ge­mein­heit un­ter­scheid­bar. Un­ter Be­ach­tung der in­so­weit vom Be­ru­fungs­ur­teil ab­wei­chen­den Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts hat die Be­klag­te er­neut über die An­trä­ge der Klä­ger zu ent­schei­den.


 


Fuß­no­te:

Ma­ß­geb­li­che Rechts­nor­men


§ 2 Abs. 1 Satz 1 StVO


Fahr­zeu­ge müs­sen die Fahr­bah­nen be­nut­zen, von zwei Fahr­bah­nen die rech­te.


§ 12 Abs. 4 Satz 1 StVO


Zum Par­ken ist der rech­te Sei­ten­strei­fen, da­zu ge­hö­ren auch ent­lang der Fahr­bahn an­ge­leg­te Park­strei­fen, zu be­nut­zen, wenn er da­zu aus­rei­chend be­fes­tigt ist, sonst ist an den rech­ten Fahr­bahn­rand her­an­zu­fah­ren.


§ 12 Abs. 4a StVO


Ist das Par­ken auf dem Geh­weg er­laubt, ist hier­zu nur der rech­te Geh­weg, in Ein­bahn­stra­ßen der rech­te oder lin­ke Geh­weg, zu be­nut­zen.


 


§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO


Die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­den kön­nen die Be­nut­zung be­stimm­ter Stra­ßen oder Stra­ßen­stre­cken aus Grün­den der Si­cher­heit und Ord­nung des Ver­kehrs be­schrän­ken oder ver­bie­ten und den Ver­kehr um­lei­ten.


§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO


Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen sind nur dort an­zu­ord­nen, wo dies auf Grund der be­son­de­ren Um­stän­de zwin­gend er­for­der­lich ist.


BVer­wG 3 C 5.23 - Ur­teil vom 06. Ju­ni 2024

Vor­in­stan­zen:

OVG Bre­men, OVG 1 LC 64/22 - Ur­teil vom 13. De­zem­ber 2022 -

VG Bre­men, VG 5 K 1968/19 - Ur­teil vom 11. No­vem­ber 2021 -


Ur­teil vom 06.06.2024 -
BVer­wG 3 C 5.23ECLI:DE:BVer­wG:2024:060624U3C5.23.0

Ein­schrei­ten der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de ge­gen ver­bo­te­nes Geh­weg­par­ken

Leit­sät­ze:

1. Das aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO fol­gen­de Ver­bot des Geh­weg­par­kens schützt nicht nur das In­ter­es­se der Geh­weg­be­nut­zer als Teil der All­ge­mein­heit, son­dern auch das in­di­vi­du­el­le In­ter­es­se der An­woh­ner an ei­ner be­stim­mungs­ge­mä­ßen Be­nut­zung des Geh­wegs, oh­ne da­bei durch par­ken­de Fahr­zeu­ge er­heb­lich be­ein­träch­tigt zu wer­den; der Schutz ist vor­be­halt­lich be­son­de­rer ört­li­cher Ge­ge­ben­hei­ten auf den Geh­weg der "ei­ge­nen" Stra­ßen­sei­te des An­woh­ners im Stra­ßen­ab­schnitt bis zur Ein­mün­dung der nächs­ten Quer­stra­ße be­grenzt.

2. In die­sem Um­fang ha­ben die An­woh­ner ei­nen An­spruch ge­gen die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de auf ei­ne er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über ein Ein­schrei­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 3 C 5.23

  • VG Bre­men - 11.11.2021 - AZ: 5 K 1968/19
  • OVG Bre­men - 13.12.2022 - AZ: 1 LC 64/22

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 3. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 6. Ju­ni 2024
durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Phil­ipp,
den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Lieb­ler,
die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Kuhl­mann und
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Roth­fuß und Dr. Sin­ner
für Recht er­kannt:

  1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wer­den das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts der Frei­en Han­se­stadt Bre­men vom 13. De­zem­ber 2022 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts der Frei­en Han­se­stadt Bre­men vom 11. No­vem­ber 2021 ge­än­dert. Die Be­klag­te wird ver­pflich­tet, über die An­trä­ge der Klä­ger un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts er­neut zu ent­schei­den.
  2. Im Üb­ri­gen wer­den die Re­vi­sio­nen zu­rück­ge­wie­sen.
  3. Die Kos­ten des Ver­fah­rens tra­gen die Klä­ger zu 1 bis 4 je­weils zu 1/12, die Klä­ge­rin zu 5 zu 1/6 und die Be­klag­te zu 1/2.

Grün­de

I

1 Die Klä­ger be­geh­ren ein stra­ßen­ver­kehrs­be­hörd­li­ches Ein­schrei­ten der Be­klag­ten ge­gen Fahr­zeu­ge, die ver­bots­wid­rig auf­ge­setzt auf den Geh­we­gen in drei Bre­mer Stra­ßen ge­parkt sind.

2 Die Klä­ger zu 1. bis 5. sind Ei­gen­tü­mer von Häu­sern in der M.-stra­ße, der B. Stra­ße und der T. Stra­ße in Bre­men. Die Klä­ger zu 1. und 2. so­wie die Klä­ge­rin zu 5. be­woh­nen ih­re Häu­ser selbst. Die drei Stra­ßen sind Ein­bahn­stra­ßen. Die Fahr­bah­nen sind zwi­schen 5,00 und 5,50 m breit; auf bei­den Sei­ten ver­lau­fen Geh­we­ge mit ei­ner Brei­te zwi­schen 1,75 und 2,00 m. Ver­kehrs­zei­chen mit Re­ge­lun­gen zum Hal­ten und Par­ken sind in den Stra­ßen nicht an­ge­ord­net. Seit Jah­ren wird in al­len drei Stra­ßen auf bei­den Sei­ten na­he­zu durch­ge­hend auf­ge­setzt auf den Geh­we­gen ge­parkt.

3 Im De­zem­ber 2018 be­an­trag­ten die Klä­ger zu 1. bis 4. bei der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de der Be­klag­ten, Maß­nah­men ge­gen das Par­ken auf den Geh­we­gen in der M.- und der B. Stra­ße zu er­grei­fen. Die Klä­ge­rin zu 5. schloss sich ih­nen im Ja­nu­ar 2019 für die T. Stra­ße an.

4 Das Amt für Stra­ßen und Ver­kehr der Be­klag­ten lehn­te den An­trag ab. Nach der all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zu den §§ 39 bis 43 StVO sei­en Ver­kehrs­zei­chen nicht an­zu­ord­nen, die le­dig­lich die ge­setz­li­che Re­ge­lung wie­der­gä­ben. Das gel­te ent­spre­chend für Mar­kie­run­gen. Auch die obers­te Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de beim Se­na­tor für Um­welt, Bau und Ver­kehr hal­te ei­ne zu­sätz­li­che Be­schil­de­rung des­halb nicht für er­for­der­lich.

5 Den hier­ge­gen ein­ge­leg­ten Wi­der­spruch wies der Se­na­tor für Um­welt, Bau und Ver­kehr der Be­klag­ten zu­rück. Ver­kehrs­re­ge­lun­gen wür­den nur durch Ver­kehrs­zei­chen und -ein­rich­tun­gen und le­dig­lich dort ge­trof­fen, wo dies auf­grund der be­son­de­ren Um­stän­de zwin­gend ge­bo­ten sei. Das Geh­weg­par­ken sei be­reits nach § 12 Abs. 4 StVO ver­bo­ten. Die gel­ten­den Park­vor­schrif­ten sei­en den Ver­kehrs­teil­neh­mern be­kannt; trotz­dem wer­de we­gen des be­stehen­den Park­drucks auf den Geh­we­gen ge­parkt. Da­her feh­le der An­brin­gung von Ver­kehrs­zei­chen auch die Eig­nung, das Ziel der Klä­ger zu er­rei­chen. So­weit ein Ein­schrei­ten im We­ge des Ver­wal­tungs­zwangs be­gehrt wer­de, lie­ge die Zu­stän­dig­keit nicht bei der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de, son­dern bei den Ord­nungs­be­hör­den.

6 Auf die hier­ge­gen er­ho­be­ne Kla­ge hat das Ver­wal­tungs­ge­richt die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung der an­ge­grif­fe­nen Be­schei­de ver­pflich­tet, die Klä­ger un­ter Be­ach­tung sei­ner Rechts­auf­fas­sung neu zu be­schei­den; im Üb­ri­gen hat es die Kla­gen ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hei­ßt es: § 12 Abs. 4 und 4a StVO ha­be ei­ne dritt­schüt­zen­de Wir­kung zu­guns­ten der Klä­ger. We­gen der Dau­er und Häu­fig­keit der Be­ein­träch­ti­gun­gen sei das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten auf Null re­du­ziert; bei der Aus­wahl des ein­zu­set­zen­den Mit­tels ver­blei­be ihr ein Er­mes­sens­spiel­raum.

7 Ge­gen das Ur­teil ha­ben die Klä­ger und die Be­klag­te Be­ru­fung ein­ge­legt. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung da­hin ab­ge­än­dert, dass ei­ne er­neu­te Ent­schei­dung über die An­trä­ge der Klä­ger un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts zu er­fol­gen ha­be; im Üb­ri­gen hat es die Be­ru­fun­gen zu­rück­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung wird aus­ge­führt:
Die Sach­an­trä­ge der Klä­ger sei­en nur teil­wei­se zu­läs­sig. Der auf Auf­he­bung der ab­leh­nen­den Be­schei­de ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag zu 1. sei zu­läs­sig, so­weit die Be­klag­te ein Ein­schrei­ten durch Real­akt ab­ge­lehnt ha­be. So­weit sich der An­trag ge­gen die Ab­leh­nung von Ver­wal­tungs­ak­ten rich­te, ha­be er kei­ne ei­gen­stän­di­ge Be­deu­tung; das Auf­he­bungs­be­geh­ren sei im Ver­pflich­tungs­be­geh­ren der Kla­ge­an­trä­ge zu 2. und 3. ent­hal­ten. Der Ver­pflich­tungs- und Leis­tungs­an­trag zu 2. sei nicht hin­rei­chend be­stimmt und da­her un­zu­läs­sig. Zu­läs­sig sei die Kla­ge, so­weit die Klä­ger mit ih­rem Kla­ge­an­trag zu 3. ei­ne Neu­be­schei­dung ver­lang­ten. Sie sei­en auch kla­ge­be­fugt (§ 42 Abs. 2 Vw­GO). Es er­schei­ne mög­lich, dass sie ein Ein­schrei­ten der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de ge­gen das auf­ge­setz­te Geh­weg­par­ken ver­lan­gen könn­ten. Als grund­sätz­lich zur Ab­hil­fe ge­eig­ne­te und auch in­di­vi­du­al­schüt­zen­de Nor­men kä­men § 45 Abs. 1 und Abs. 9 Satz 1 StVO so­wie Vor­schrif­ten des Lan­des­rechts, je­weils in Ver­bin­dung mit § 12 Abs. 4 und 4a StVO in Be­tracht. Auf der Grund­la­ge die­ser Vor­schrif­ten hät­ten die Klä­ger ei­nen An­spruch auf er­neu­te, nun er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über ih­re An­trä­ge auf ein Ein­schrei­ten der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen. Nach § 44 Abs. 1 StVO sei die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de für ein ord­nungs­be­hörd­li­ches Ein­schrei­ten ge­gen das ver­bo­te­ne Geh­weg­par­ken auf der Grund­la­ge von § 45 Abs. 1 StVO und des bre­mi­schen Lan­des­rechts zu­stän­dig. Die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 45 Abs. 1 und 9 StVO lä­gen vor. Das Geh­weg­par­ken in den drei Stra­ßen ver­sto­ße ge­gen das Ver­bot aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO, Geh­we­ge oh­ne spe­zi­el­le Er­laub­nis zum Ab­stel­len von Kraft­fahr­zeu­gen zu nut­zen. § 45 Abs. 9 Satz 1 und 3 StVO stün­den der An­ord­nung ver­kehrs­re­geln­der Maß­nah­men nicht ent­ge­gen. Da­für kom­me ein ein­sei­ti­ges ab­so­lu­tes oder ein­ge­schränk­tes Halt­ver­bot (Zei­chen 283 oder 286) in Be­tracht. Es sei hin­rei­chend wahr­schein­lich, dass ein sol­ches Ver­bot be­ach­tet und da­mit das auf­ge­setz­te Par­ken un­ter­bun­den wer­de. Mil­de­re Mög­lich­kei­ten ei­ner An­ord­nung zum Frei­hal­ten der Geh­we­ge, die im Er­geb­nis nicht den Ef­fekt ei­nes ein­sei­ti­gen Halt­ver­bots hät­ten, sei­en nicht er­sicht­lich. Ei­ne kon­kre­te Ge­fahr für die öf­fent­li­che Si­cher­heit lie­ge eben­falls vor. Es sei da­mit zu rech­nen, dass auch in Zu­kunft flä­chen­de­ckend ver­bots­wid­rig ge­parkt wer­de. Zur Durch­set­zung des ge­setz­li­chen Park­ver­bots kön­ne die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de in­di­vi­du­el­le Weg­fahr­ge­bo­te er­las­sen. Auch Ab­schlepp­maß­nah­men könn­ten ver­an­lasst wer­den. Die ge­nann­ten Vor­schrif­ten könn­ten in Ver­bin­dung mit dem ge­setz­li­chen Geh­weg­park­ver­bot ei­nen in­di­vi­du­el­len An­spruch auf ein Ein­schrei­ten der Be­klag­ten be­grün­den, so­weit die Nutz­bar­keit der Geh­we­ge durch das Par­ken in un­zu­mut­ba­rer Wei­se be­ein­träch­tigt wer­de. Grund­sätz­lich sei­en die Nor­men des Stra­ßen­ver­kehrs­rechts auf den Schutz der All­ge­mein­heit und nicht auf die Wah­rung der In­ter­es­sen Ein­zel­ner ge­rich­tet. Doch kön­ne der Ein­zel­ne ei­nen An­spruch auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über ein ver­kehrs­re­geln­des Ein­schrei­ten ha­ben, wenn die Ver­let­zung sei­ner öf­fent­lich-recht­lich ge­schütz­ten In­di­vi­dual­in­ter­es­sen, ins­be­son­de­re sei­ner Ge­sund­heit oder sei­nes Ei­gen­tums, in Be­tracht kom­me. Ei­ne Be­ein­träch­ti­gung des Rechts auf Le­ben und kör­per­li­che Un­ver­sehrt­heit sei hier al­ler­dings nicht er­sicht­lich. Zum Schutz­gut der öf­fent­li­chen Si­cher­heit ge­hö­re im Vor­feld der Grund­rech­te aber auch der Schutz vor Ein­wir­kun­gen des Stra­ßen­ver­kehrs, die das nach all­ge­mei­ner An­schau­ung zu­mut­ba­re Maß über­stie­gen. § 12 Abs. 4 und 4a StVO ziel­ten auch auf den Schutz der Klä­ger als Stra­ßen­an­lie­ger vor un­zu­mut­ba­ren Ver­kehrs­ein­wir­kun­gen durch das ver­bots­wid­ri­ge Par­ken. Das Geh­weg­park­ver­bot die­ne er­kenn­bar den In­ter­es­sen der Geh­weg­be­nut­zer. Sein in­di­vi­du­al­schüt­zen­der Ge­halt sei auf den Schutz vor un­zu­mut­ba­ren Be­ein­träch­ti­gun­gen be­schränkt. Wie bei § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO, der dem Schutz der Wohn­be­völ­ke­rung vor Lärm und Ab­ga­sen die­ne, ge­nüg­ten blo­ße Be­läs­ti­gun­gen nicht. Ei­ne un­zu­mut­ba­re Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung des Geh­wegs sei nicht be­reits an­zu­neh­men, wenn dort über­haupt ver­bots­wid­rig ge­parkt wer­de. Sie tre­te aber auch nicht erst ein, wenn Fu­ß­gän­ger den Geh­weg nicht mehr nut­zen könn­ten. Ein schma­ler Eng­pass, den Roll­stuhl­fah­rer und Per­so­nen mit Rol­la­tor oder Kin­der­wa­gen nur mit Mü­he und Not pas­sie­ren könn­ten, ge­nü­ge nicht; ein pro­blem­lo­ser Be­geg­nungs­ver­kehr müs­se mög­lich blei­ben. Von Be­deu­tung kön­ne auch sein, über wel­che Geh­weg­län­ge Au­tos ge­parkt sei­en. Es müs­se sich um ei­nen dau­er­haf­ten Zu­stand han­deln; die Be­trof­fe­nen müss­ten un­aus­weich­lich und hin­rei­chend häu­fig mit der Si­tua­ti­on kon­fron­tiert sein. In den drei Stra­ßen ver­blie­ben durch das auf­ge­setz­te Par­ken auf an­nä­hernd der ge­sam­ten Geh­weg­län­ge nur noch Rest­geh­weg­brei­ten von zum Teil deut­lich we­ni­ger als 1,50 m. Da­durch sei ein Be­geg­nungs­ver­kehr dort nicht mehr mög­lich. Als An­woh­ner bzw. re­gel­mä­ßi­ge Be­su­cher sei­en die Klä­ger un­aus­weich­lich und hin­rei­chend häu­fig mit die­ser Ver­kehrs­si­tua­ti­on kon­fron­tiert. Da­nach sei­en sie von ei­ner un­zu­mut­ba­ren Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung der Geh­we­ge be­trof­fen. Die Er­mes­sens­ent­schei­dung der Be­klag­ten sei feh­ler­haft. Sie sei zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de sei nicht auch für Maß­nah­men nach Lan­des­recht zu­stän­dig. In Be­zug auf Maß­nah­men nach § 45 Abs. 1 StVO ha­be die Be­klag­te zwar er­kannt, dass ei­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung zu tref­fen sei, doch ha­be ih­re Ent­schei­dung auf un­zu­rei­chen­den Er­wä­gun­gen be­ruht. Der­zeit sei sie aber nicht zu ei­nem un­mit­tel­ba­ren Ein­schrei­ten ver­pflich­tet. Im Stra­ßen­ver­kehrs­recht ha­be der Ein­zel­ne grund­sätz­lich nur ei­nen auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung be­grenz­ten An­spruch auf den Schutz sei­ner In­di­vi­dual­in­ter­es­sen. Nur in Aus­nah­me­fäl­len sei das Er­mes­sen auf Null re­du­ziert. Im vor­lie­gen­den Fall sei zu be­rück­sich­ti­gen, dass ei­ne ein­ge­schränk­te Nutz­bar­keit der Geh­we­ge ver­blei­be. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts führ­ten al­lein die Dau­er und Häu­fig­keit der Ver­stö­ße nicht zu ei­ner Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null. In Bre­men sei das Geh­weg­par­ken ins­be­son­de­re in den in­ner­städ­ti­schen La­gen weit ver­brei­tet und über Jahr­zehn­te wei­test­ge­hend ge­dul­det wor­den. Die Res­sour­cen der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de sei­en be­grenzt. Vor die­sem Hin­ter­grund sei es nicht zu be­an­stan­den, wenn die Be­klag­te zu­nächst den Pro­blem­druck in den am stärks­ten be­trof­fe­nen Quar­tie­ren zu er­mit­teln und ein Kon­zept für ein stadt­wei­tes Vor­ge­hen um­zu­set­zen ge­den­ke. So­weit sie pla­ne, die Stra­ßen mit be­son­ders ge­rin­gen Rest­geh­weg­brei­ten zu prio­ri­sie­ren, sei da­ge­gen im Aus­gangs­punkt nichts ein­zu­wen­den. Al­ler­dings wer­de der Ge­sichts­punkt ei­nes all­ge­mei­nen und plan­vol­len Vor­ge­hens um­so mehr an Be­deu­tung ver­lie­ren, wie es nicht zu ei­ner Um­set­zung oder zu län­ge­ren Ver­zö­ge­run­gen kom­me. Zu­dem wer­de sich die Be­klag­te an­ge­sichts der Band­brei­te mög­li­cher Maß­nah­men nur mit er­höh­tem Be­grün­dungs­auf­wand dar­auf zu­rück­zie­hen kön­nen, in den drei Stra­ßen über­haupt nicht tä­tig zu wer­den. Set­ze sie Mit­tel nicht ein, die - wie die An­ord­nung ei­nes ein­sei­ti­gen Halt­ver­bots - mit ei­nem über­schau­ba­ren (Per­so­nal-)Auf­wand durch­führ­bar sei­en, wer­de das ei­ner be­son­ders trag­fä­hi­gen Be­grün­dung be­dür­fen.

8 Zur Be­grün­dung ih­rer Re­vi­si­on ma­chen die Klä­ger gel­tend: Das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be ih­ren Kla­ge­an­trag zu 2. zu Un­recht als zu un­be­stimmt und da­her un­zu­läs­sig an­ge­se­hen. Bei sei­ner An­nah­me, das rechts­wid­ri­ge Geh­weg­par­ken füh­re zu kei­ner Ge­fähr­dung von Le­ben und kör­per­li­cher Un­ver­sehrt­heit, ha­be es ak­ten­wid­rig über­gan­gen, dass die ver­blei­ben­den Geh­weg­brei­ten an den Ta­gen der Müll­ab­fuhr mit Müll­ton­nen zu­ge­stellt wür­den; des­halb müss­ten die Fu­ß­gän­ger auf die Fahr­bahn aus­wei­chen. Da­zu hät­ten sie Licht­bil­der vor­ge­legt. Die ver­blei­ben­de Geh­weg­brei­te ge­nü­ge re­gel­mä­ßig nicht, um dort mit zwei Ein­kaufs­ta­schen oder ei­nem Kind an der Hand zu ge­hen. Auch für Roll­stuhl­fah­rer sei es zu eng. We­gen der par­ken­den Fahr­zeu­ge sei­en die in den Geh­we­gen lie­gen­den Schäch­te für Gas- und Was­ser­an­schlüs­se re­gel­mä­ßig nicht mehr zu­gäng­lich. Die ver­blei­ben­de Fahr­bahn sei für Feu­er­wehr- und Hub­ret­tungs- so­wie Müll­fahr­zeu­ge zu schmal. Die Feu­er­wehr­leu­te könn­ten nicht mehr an die seit­lich an ih­ren Fahr­zeu­gen an­ge­brach­ten Ge­rät­schaf­ten ge­lan­gen; es ver­blei­be auch kei­ne hin­rei­chen­de Auf­stell­flä­che für Hub­ret­tungs­fahr­zeu­ge. Die Schaf­fung ei­nes Schutz­raums auf den Geh­we­gen durch die Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung be­grün­de für je­den Geh­weg­be­nut­zer ein durch Art. 2 Abs. 1 GG ge­schütz­tes In­di­vi­dual­in­ter­es­se an des­sen Auf­recht­erhal­tung. Der in­di­vi­du­al­schüt­zen­de Ge­halt kön­ne nicht auf den Schutz vor un­zu­mut­ba­ren Be­ein­träch­ti­gun­gen oder auf be­stimm­te Geh­weg­brei­ten be­schränkt wer­den. Das Be­ru­fungs­ge­richt blen­de die wei­te­ren Geh­weg­funk­tio­nen wie Sport, Spiel, Auf­ent­halt und Kom­mu­ni­ka­ti­on aus, wenn es für den dritt­schüt­zen­den Be­reich ei­ne Geh­weg­brei­te von 1,50 m zu­grun­de le­ge. Tech­ni­sche Re­gel­wer­ke sä­hen ei­ne Min­dest­geh­weg­brei­te von 2,50 m vor. Sie - die Klä­ger - wür­den durch den Ver­stoß ge­gen die dritt­schüt­zen­de Re­ge­lung des Geh­weg­park­ver­bots in ih­ren Rech­ten ver­letzt. Das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten sei des­halb auf Null re­du­ziert. Dem kön­ne das Be­ru­fungs­ge­richt nicht das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot des Art. 3 Abs. 1 GG ent­ge­gen­hal­ten. Auch das Ar­gu­ment man­geln­der Res­sour­cen sei nicht trag­fä­hig. Ein stadt­wei­tes Kon­zept ge­be es bis­lang nicht. Die seit Jahr­zehn­ten man­gel­haf­te Rechts­durch­set­zung dür­fe ih­rem An­spruch auf Durch­set­zung ih­rer sub­jek­ti­ven Rech­te nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den. Auf ei­ne Ver­let­zung ih­res An­spruchs auf Gleich­be­hand­lung könn­ten sich Geh­weg­par­ker nicht be­ru­fen, da die­ses Par­ken ver­bo­ten sei. Feh­le ein Ein­griffs­kon­zept, ge­nü­ge ein will­kürf­rei­es Han­deln der Be­klag­ten. Ent­ge­gen ih­rem Kla­ge­an­trag zu 3. ha­be das Be­ru­fungs­ge­richt der Be­klag­ten we­der ei­ne Ent­schei­dungs­frist ge­setzt noch ihr Eva­lu­ie­rungs- und Nach­bes­se­rungs­pflich­ten auf­er­legt.

9 Die Be­klag­te hat eben­falls Re­vi­si­on ein­ge­legt und trägt zur Be­grün­dung vor: Die Kla­ge­an­trä­ge sei­en teil­wei­se un­zu­läs­sig. Der als iso­lier­ter An­fech­tungs­an­trag ge­stell­te An­trag zu 1. er­ge­be erst in Ver­bin­dung mit ei­nem Ver­pflich­tungs­an­trag Sinn. Der Ver­pflich­tungs- und Leis­tungs­an­trag zu 2. sei zu un­be­stimmt. Zu­läs­sig sei da­nach al­lein der Be­schei­dungs­an­trag zu 3. Die Klä­ger sei­en nicht oder je­den­falls nur teil­wei­se kla­ge­be­fugt. § 12 Abs. 4 und 4a StVO sei nicht dritt­schüt­zend. Die Klä­ger zu 3. und 4. wohn­ten nicht mehr in der B. Stra­ße. Vor den Grund­stü­cken der Klä­ger kön­ne schon aus tat­säch­li­chen Grün­den nicht auf den Geh­we­gen ge­parkt wer­den. Nicht kla­ge­be­fugt sei­en sie auch, so­weit sie ein Ein­schrei­ten auf der ge­sam­ten Län­ge "ih­rer" Stra­ßen be­gehr­ten. Je­den­falls sei­en die Kla­gen un­be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu Un­recht für dritt­schüt­zend ge­hal­ten. In der Recht­spre­chung sei Dritt­schutz bei stra­ßen­ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten bis­lang nur hin­sicht­lich des Schut­zes von Ge­sund­heit oder Ei­gen­tum an­er­kannt wor­den. Sol­che Be­ein­träch­ti­gun­gen lä­gen hier nicht vor, auch das Vor­feld die­ser Grund­rech­te sei nicht be­trof­fen. Viel­mehr ge­he es um die Nutz­bar­keit der Geh­we­ge als Be­stand­teil der öf­fent­li­chen In­fra­struk­tur durch die Fu­ß­gän­ger. § 12 Abs. 4 und 4a StVO die­ne wie die an­de­ren Vor­schrif­ten des Stra­ßen­ver­kehrs­rechts aus­schlie­ß­lich dem In­ter­es­se der All­ge­mein­heit an der Si­cher­heit und Leich­tig­keit des Ver­kehrs. Dass die Re­ge­lung die Fu­ß­gän­ger be­güns­ti­ge, ge­nü­ge nicht für die An­nah­me von Dritt­schutz, denn der Kreis der Fu­ß­gän­ger sei nicht hin­rei­chend be­grenzt. Die Kri­te­ri­en des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für die An­nah­me ei­ner qua­li­fi­zier­ten und in­di­vi­dua­li­sier­ten Be­ein­träch­ti­gung sei­en un­klar. Fol­ge man dem Be­ru­fungs­ge­richt, müs­se sie sich auf ei­ne Viel­zahl von An­trä­gen ein­stel­len und die­se be­schei­den. Das bin­de Per­so­nal, das für ein sys­te­ma­ti­sches Vor­ge­hen ge­gen das un­zu­läs­si­ge Geh­weg­par­ken nicht mehr zur Ver­fü­gung ste­he. Ein Kon­zept zum Vor­ge­hen ge­gen das Geh­weg­par­ken sei in Bre­men seit 2020/21 in Ar­beit; es ge­he ak­tu­ell in die Um­set­zung. Die Klä­ger wür­den durch das Geh­weg­par­ken zu­dem nicht er­heb­lich be­ein­träch­tigt. In ih­ren Grund­rech­ten auf Le­ben, Ge­sund­heit und kör­per­li­che Un­ver­sehrt­heit (Art. 2 Abs. 2 GG) oder in ih­rem durch Art. 14 Abs. 1 GG ge­schütz­ten Ei­gen­tum sei­en sie un­strei­tig nicht be­trof­fen. Dass das Be­ru­fungs­ge­richt die In­di­vi­du­al­rechts­schutz aus­lö­sen­de Schwel­le zu ei­ner un­zu­mut­ba­ren Ver­kehrs­ein­wir­kung an ei­ner Rest­geh­weg­brei­te von 1,50 m fest­ma­che, über­zeu­ge nicht. Un­ter­stel­le man ei­ne dritt­schüt­zen­de Wir­kung von § 12 Abs. 4 und 4a StVO, sei­en we­der das Ent­schlie­ßungs- noch das Aus­wah­ler­mes­sen auf Null re­du­ziert.

10 Die Ver­tre­te­rin des Bun­des­in­ter­es­ses beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt trägt in Über­ein­stim­mung mit dem Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Di­gi­ta­les und Ver­kehr vor: Ein ge­ne­rel­ler Dritt­schutz der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung und von § 12 Abs. 4 und 4a StVO sei nicht an­zu­er­ken­nen. Die Re­ge­lun­gen ziel­ten dar­auf ab, im In­ter­es­se der All­ge­mein­heit die Si­cher­heit und Ord­nung des Stra­ßen­ver­kehrs zu ge­währ­leis­ten. Das ste­he bei § 12 Abs. 4 und 4a StVO der An­nah­me par­ti­el­len Dritt­schut­zes in en­gen Gren­zen aber nicht zwin­gend ent­ge­gen. § 12 StVO zie­le dar­auf, die Si­cher­heit und Leich­tig­keit des Ver­kehrs für al­le Ver­kehrs­teil­neh­mer zu ge­währ­leis­ten, und sol­le ei­nen Aus­gleich zwi­schen den In­ter­es­sen des Fahr­zeug- und des Fu­ß­gän­ger­ver­kehrs her­bei­füh­ren. Die Fu­ß­gän­ger sei­en mit Blick auf die in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO sta­tu­ier­te Geh­weg­be­nut­zungs­pflicht und ih­re ho­he Vul­ne­ra­bi­li­tät be­son­ders dar­auf an­ge­wie­sen, dass die ih­nen zu­ge­wie­se­ne Ver­kehrs­flä­che si­cher pas­sier­bar blei­be. Dass der Ver­ord­nungs­ge­ber die Fu­ß­gän­ger als be­son­ders schutz­wür­dig an­se­he, zei­ge sich auch dar­an, dass er § 12 Abs. 4 und 4a StVO als re­pres­si­ves Ver­bot mit Be­frei­ungs­vor­be­halt aus­ge­stal­tet ha­be. Das­sel­be sei den Er­läu­te­run­gen in der All­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zur Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung zur Ge­stat­tung des Geh­weg­par­kens (Zei­chen 315) zu ent­neh­men. In­di­vi­du­al­rechts­schutz kön­ne da­nach nur in Ein­zel­fäl­len ge­währt wer­den. Da­für sei kein kom­plet­ter Funk­ti­ons­ver­lust des Geh­wegs er­for­der­lich. An­de­rer­seits ge­nü­ge aber auch nicht, dass über­haupt ver­bots­wid­rig auf dem Geh­weg ge­parkt wer­de. Wer­de ei­ne Teil­ha­be am Be­geg­nungs­ver­kehr auf dem Geh­weg fak­tisch un­mög­lich ge­macht, wer­de die Funk­ti­on des Geh­wegs un­zu­mut­bar be­ein­träch­tigt. Der Ver­ord­nungs­ge­ber ha­be ei­ne sol­che, nicht nur vor­über­ge­hen­de Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung durch § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu­min­dest auch ver­hin­dern wol­len. Be­son­ders be­trof­fen vom Geh­weg­par­ken sei­en häu­fig die An­woh­ner. Ent­schei­dend sei, in­wie­weit der Schutz ei­ge­ner in­di­vi­du­el­ler In­ter­es­sen er­strebt wer­de. Es rei­che nicht, sich zum Sach­wal­ter Drit­ter oder der All­ge­mein­heit zu ma­chen.

II

11 Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­grün­det, so­weit das an­ge­foch­te­ne Ur­teil die Be­klag­te ver­pflich­tet, über die An­trä­ge der Klä­ger auf Ein­schrei­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken neu zu ent­schei­den un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung, der An­spruch er­stre­cke sich nicht nur auf die Stra­ßen­sei­te ih­rer Grund­stü­cke in den Ab­schnit­ten der streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen bis zur Ein­mün­dung der nächs­ten Quer­stra­ße, son­dern auf die streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen ins­ge­samt. Im Üb­ri­gen sind die Re­vi­si­on der Be­klag­ten und die Re­vi­sio­nen der Klä­ger un­be­grün­det.

12 1. Die Kla­gen sind mit al­len An­trä­gen zu­läs­sig.

13 a) Für den auf Auf­he­bung der ab­leh­nen­den Be­schei­de ge­rich­te­ten Kla­ge­an­trag zu 1. fehlt den Klä­gern nicht das er­for­der­li­che Rechts­schutz­be­dürf­nis. So­weit die Be­klag­te ein Ein­schrei­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken durch Realak­te ab­ge­lehnt hat, be­steht ein sol­ches Be­dürf­nis, wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend dar­ge­legt hat, weil sonst die Be­schei­de un­an­fecht­bar wür­den und den Klä­gern ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den könn­ten.

14 So­weit die Be­klag­te in den an­ge­foch­te­nen Be­schei­den den Er­lass von Ver­wal­tungs­ak­ten ab­ge­lehnt hat, wie­der­holt der Auf­he­bungs­an­trag das be­reits im Ver­pflich­tungs­be­geh­ren (Kla­ge­an­trag zu 2.) ent­hal­te­ne Kla­ge­ziel. Ei­ne sol­che Wie­der­ho­lung ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ger nicht er­for­der­lich, sie führt aber auch nicht zu ei­ner teil­wei­sen Kla­ge­ab­wei­sung. Ob der Auf­he­bungs­an­trag iso­liert zu­läs­sig wä­re, kann of­fen blei­ben, denn die Klä­ger ha­ben den An­trag nicht al­lein, son­dern zu­sam­men mit dem un­be­ding­ten Ver­pflich­tungs­be­geh­ren ge­stellt.

15 b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts (UA S. 12 ff.) ist auch der Kla­ge­an­trag zu 2. zu­läs­sig. Er ist hin­rei­chend be­stimmt. Mit die­sem An­trag wol­len die Klä­ger die Ver­pflich­tung bzw. Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten er­rei­chen, in­ner­halb von drei Mo­na­ten Maß­nah­men zu er­grei­fen, die ge­eig­net sind, das re­gel­mä­ßi­ge Geh­weg­par­ken in der M.-stra­ße, der B. Stra­ße und der T. Stra­ße zu un­ter­bin­den, die Wirk­sam­keit der Maß­nah­men nach drei Mo­na­ten zu eva­lu­ie­ren, bei un­zu­rei­chen­der Wir­kung in­ner­halb von zwei Mo­na­ten wei­te­re Maß­nah­men zu er­grei­fen und in die­sem Tur­nus fort­zu­fah­ren, bis das Ziel, das re­gel­mä­ßi­ge Par­ken auf den Geh­we­gen in den ge­nann­ten Stra­ßen zu un­ter­bin­den, er­reicht ist. Mit Blick auf das Aus­wah­ler­mes­sen, das der Be­klag­ten auch nach Auf­fas­sung der Klä­ger in Be­zug auf die Maß­nah­men zu­steht, ist es nicht zu be­an­stan­den, dass sie sich dar­auf be­schrän­ken, den Er­lass "ge­eig­ne­ter" Maß­nah­men zu for­dern (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 5. Sep­tem­ber 2013 - 7 C 21.12 - NVwZ 2014, 64 Rn. 55).

16 Eben­so we­nig fehlt dem An­trag die er­for­der­li­che Be­stimmt­heit, so­weit die Klä­ger von der Be­klag­ten ein Ein­schrei­ten ge­gen das "re­gel­mä­ßi­ge" Geh­weg­par­ken in den ge­nann­ten Stra­ßen be­geh­ren. Aus ih­rem Vor­trag er­gibt sich, dass mit "re­gel­mä­ßig" das seit Jah­ren in den ge­nann­ten Stra­ßen auf bei­den Stra­ßen­sei­ten na­he­zu durch­ge­hend statt­fin­den­de auf­ge­setz­te Par­ken auf den Geh­we­gen ge­meint ist, auf das auch im Tat­be­stand des Be­ru­fungs­ur­teils ab­ge­stellt wird (UA S. 2).

17 Dass der An­trag zu nicht lös­ba­ren Pro­ble­men bei der Voll­stre­ckung ei­nes statt­ge­ben­den Ur­teils füh­ren wür­de, kann der Se­nat nicht er­ken­nen. Für den Neu­be­schei­dungs­an­trag (Kla­ge­an­trag zu 3.) muss das neu zu be­schei­den­de Be­geh­ren im Üb­ri­gen eben­falls hin­rei­chend be­stimmt sein.

18 c) Oh­ne Ver­stoß ge­gen Bun­des­recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 Vw­GO) hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass die Klä­ger kla­ge­be­fugt sind (§ 42 Abs. 2 Vw­GO).

19 aa) Die nach § 42 Abs. 2 Vw­GO - für Leis­tungs­be­geh­ren in ana­lo­ger An­wen­dung - er­for­der­li­che Kla­ge­be­fug­nis be­steht, wenn die Ver­let­zung ei­ge­ner Rech­te auf der Grund­la­ge des Kla­ge­vor­brin­gens mög­lich er­scheint. Die­se Mög­lich­keit fehlt, wenn of­fen­sicht­lich und ein­deu­tig nach kei­ner Be­trach­tungs­wei­se sub­jek­ti­ve Rech­te des Klä­gers ver­letzt sein könn­ten (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 7. Mai 1996 - 1 C 10.95 - BVer­w­GE 101, 157 <159> m. w. N.).

20 Das ist hier nicht der Fall. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß an­ge­nom­men, § 45 Abs. 1 StVO und Vor­schrif­ten des Bre­mer Lan­des­rechts, je­weils in Ver­bin­dung mit § 12 Abs. 4 und 4a StVO, be­grün­de­ten mög­li­cher­wei­se ein sub­jek­ti­ves Recht der Klä­ger auf Ein­schrei­ten der Be­klag­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken. Die Fra­ge, ob und ge­ge­be­nen­falls zu wes­sen Guns­ten und in wel­chem Um­fang § 12 Abs. 4 und 4a StVO Dritt­schutz ver­mit­telt, ist in der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts bis­lang nicht ge­klärt (vgl. zu die­sem Kri­te­ri­um BVer­wG, Ur­teil vom 7. Mai 1996 - 1 C 10.95 - BVer­w­GE 101, 157 <159>).

21 Dem Ein­wand der Be­klag­ten, die Kla­ge­be­fug­nis sei schon des­halb zu ver­nei­nen, weil un­mit­tel­bar vor den Grund­stü­cken der Klä­ger aus tat­säch­li­chen Grün­den nicht auf den Geh­we­gen ge­parkt wer­den kön­ne, hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu Recht ent­ge­gen­ge­hal­ten, dass sich der Kla­ge­an­spruch nicht auf die­sen Ab­schnitt des Geh­wegs be­schrän­ke, die Klä­ger viel­mehr ein Ein­schrei­ten auf den Geh­we­gen in vol­ler Län­ge und Brei­te be­gehr­ten (UA S. 17 f.). Wie weit ein mög­li­cher Dritt­schutz des Geh­weg­park­ver­bots aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO in räum­li­cher Hin­sicht reicht, ist in der Recht­spre­chung eben­falls nicht ge­klärt.

22 bb) Zur Be­grün­dung ih­rer Kla­ge­be­fug­nis kön­nen sich die Klä­ger - wie das Be­ru­fungs­ge­richt eben­falls oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß an­ge­nom­men hat - da­ge­gen nicht auf § 2 Abs. 1 StVO stüt­zen, der be­stimmt, dass Fahr­zeu­ge die Fahr­bahn be­nut­zen müs­sen. Die­se Re­ge­lung be­zieht sich al­lein auf den flie­ßen­den Ver­kehr, nicht aber auf das Hal­ten und Par­ken auf Geh­we­gen. § 12 Abs. 4 StVO ist für das Hal­ten und Par­ken von Fahr­zeu­gen auf Geh­we­gen die spe­zi­el­le­re und da­mit den § 2 Abs. 1 StVO ver­drän­gen­de Re­ge­lung (BVer­wG, Ur­teil vom 14. Mai 1992 - 3 C 3.90 - BVer­w­GE 90, 189 <190>).

23 d) Die Kla­gen be­geg­nen - wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß an­ge­nom­men hat (UA S. 18) – eben­falls kei­nen Zu­läs­sig­keits­be­den­ken, so­weit die An­trä­ge auf die Ver­hin­de­rung künf­ti­gen ver­bo­te­nen Geh­weg­par­kens ge­rich­tet sind. Im Rah­men der stra­ßen­ver­kehrs­recht­li­chen Ein­griffs­er­mäch­ti­gung des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO geht es um Maß­nah­men der Ge­fah­ren­ab­wehr und da­mit um die Ab­wehr künf­ti­ger Be­ein­träch­ti­gun­gen der Si­cher­heit und Ord­nung des Ver­kehrs.

24 2. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­ruht nicht auf ei­ner Ver­let­zung von Bun­des­recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 Vw­GO), so­weit es die be­gehr­te Ver­pflich­tung bzw. Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten ab­lehnt, in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen Maß­nah­men ge­gen das Geh­weg­par­ken zu er­grei­fen. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat den Klä­gern in Über­ein­stim­mung mit Bun­des­recht dem Grun­de nach ei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über ein Ein­schrei­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen zu­er­kannt; sei­ne An­nah­me, das Er­mes­sen der Be­klag­ten sei nicht in der Wei­se auf Null re­du­ziert, dass sie der­zeit in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen Maß­nah­men er­grei­fen müs­se, ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den (3. - 5.). Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ist - mit der nach­fol­gen­den Ein­schrän­kung - mit Bun­des­recht auch ver­ein­bar, so­weit es die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung der ent­ge­gen­ste­hen­den Be­schei­de ver­pflich­tet, über das Be­geh­ren der Klä­ger un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts er­neut zu ent­schei­den (6.). Sei­ne Rechts­auf­fas­sung, der An­spruch ei­nes An­woh­ners auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über Maß­nah­men ge­gen un­er­laub­tes Par­ken auf dem Geh­weg er­stre­cke sich grund­sätz­lich nicht nur auf "sei­ne" Stra­ßen­sei­te im Stra­ßen­ab­schnitt bis zur Ein­mün­dung der nächs­ten Quer­stra­ße, son­dern auf die Stra­ße ins­ge­samt, ist mit Bun­des­recht nicht ver­ein­bar; in­so­weit hat die Be­klag­te un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts neu zu ent­schei­den (7.).

25 3. Die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de der Be­klag­ten ist, so­weit es um Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen geht, auf der Grund­la­ge von § 45 Abs. 1 und 9 StVO und, so­weit es um an­de­re ge­eig­ne­te Maß­nah­men geht, nach der in­so­weit ma­ß­ge­ben­den Aus­le­gung durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (§ 173 Satz 1 Vw­GO i. V. m. § 560 ZPO) auf der Grund­la­ge des bre­mi­schen Lan­des­rechts je­weils in Ver­bin­dung mit § 12 Abs. 4 und 4a StVO be­fugt, ge­gen das Par­ken auf den Geh­we­gen der streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen ein­zu­schrei­ten.

26 a) Das Par­ken ist auf den streit­ge­gen­ständ­li­chen Geh­we­gen ver­bo­ten. Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO ist zum Par­ken der rech­te Sei­ten­strei­fen zu be­nut­zen, wenn er da­zu aus­rei­chend be­fes­tigt ist, sonst ist an den rech­ten Fahr­bahn­rand her­an­zu­fah­ren. Dar­aus folgt in Ver­bin­dung mit § 12 Abs. 4a StVO, der ei­ne Er­laub­nis für das Par­ken auf Geh­we­gen vor­aus­setzt, dass auf Geh­we­gen nicht ge­parkt wer­den darf, so­weit das nicht im Ein­zel­fall durch Zei­chen 315 (lfd. Nr. 10 der An­la­ge 3 zu § 42 Abs. 2 StVO) oder durch ei­ne Park­flä­chen­mar­kie­rung (lfd. Nr. 74 der An­la­ge 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) er­laubt wur­de (eben­so Fig­ge­ner, in: Bur­mann/Heß/Hüh­ner­mann/Jahn­ke, Stra­ßen­ver­kehrs­recht, 28. Aufl. 2024, § 12 Rn. 57 m. w. N.; Höl­tig, NZV 2022, 220). Nach den un­strei­ti­gen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts (UA S. 2) ist das Geh­weg­par­ken in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen we­der durch Ver­kehrs­zei­chen noch durch Park­flä­chen­mar­kie­run­gen er­laubt. Der Um­stand, dass die Be­klag­te - wie das Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­stellt hat - das Geh­weg­par­ken seit Jah­ren dul­det, än­dert nichts an des­sen Ver­bots­wid­rig­keit; ein "Ge­wohn­heits­recht" auf Geh­weg­par­ken wird da­durch nicht be­grün­det.

27 b) Die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de der Be­klag­ten ist ge­mäß § 44 Abs. 1 StVO für das von den Klä­gern be­gehr­te Ein­schrei­ten ge­gen das ver­bo­te­ne Geh­weg­par­ken sach­lich zu­stän­dig. Nach die­ser Be­stim­mung sind die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­den zu­stän­dig zur Aus­füh­rung die­ser Ver­ord­nung, so­weit nichts An­de­res be­stimmt ist. Um die Aus­füh­rung der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung im Sin­ne die­ser Re­ge­lung geht es auch, wenn sich nur das durch­zu­set­zen­de Ver- oder Ge­bot aus der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung er­gibt, nicht aber die für ein be­hörd­li­ches Ein­schrei­ten her­an­zu­zie­hen­de Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 20. Ok­to­ber 2015 - 3 C 15.14 - BVer­w­GE 153, 140 Rn. 24). Zu­stän­dig ist die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de der Be­klag­ten da­nach nicht nur, so­weit zur Ver­hin­de­rung des nach § 12 Abs. 4 und 4a StVO ver­bo­te­nen Par­kens Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen nach § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 1 StVO, son­dern auch, so­weit Maß­nah­men nach Bre­mi­schem Lan­des­recht in Be­tracht kom­men.

28 c) Auf der Grund­la­ge der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen sind die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nach § 45 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 1 StVO für das An­ord­nen von Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen er­füllt.

29 aa) Ge­mäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO kön­nen die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­den die Be­nut­zung be­stimm­ter Stra­ßen oder Stra­ßen­stre­cken aus Grün­den der Si­cher­heit oder Ord­nung des Ver­kehrs be­schrän­ken oder ver­bie­ten und den Ver­kehr um­lei­ten.

30 Maß­nah­men der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de zur Un­ter­bin­dung ver­bo­te­nen Geh­weg­par­kens, na­ment­lich die vom Be­ru­fungs­ge­richt (UA S. 22 f.) in Be­tracht ge­zo­ge­ne An­ord­nung ei­nes ein­sei­ti­gen Halt­ver­bots (Zei­chen 283), das nach den Er­läu­te­run­gen in der An­la­ge 2 zu § 41 Abs. 1 StVO zwar nur für die Fahr­bahn gilt, hier aber je­den­falls fak­tisch das Par­ken auf dem Geh­weg ver­hin­dern wür­de, zie­len im Sin­ne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO auf ei­ne Be­schrän­kung oder ein Ver­bot der Be­nut­zung be­stimm­ter Stra­ßen.

31 Sie wä­ren durch Grün­de der "Si­cher­heit des Ver­kehrs" im Sin­ne die­ser Re­ge­lung ge­recht­fer­tigt. Nach den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts wird - in­so­weit un­strei­tig - durch das auf­ge­setz­te Geh­weg­par­ken in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen seit Jah­ren ge­gen das dort be­stehen­de Ver­bot ver­sto­ßen. Das ver­bots­wid­ri­ge Par­ken be­grün­det ge­mäß § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO zu­dem ei­ne Ord­nungs­wid­rig­keit.

32 Be­trof­fen ist die "Si­cher­heit des Ver­kehrs" im Sin­ne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO nicht erst, wenn der Ver­stoß ge­gen ei­ne Ver­kehrs­vor­schrift zu ei­ner Ge­fähr­dung von Leib und Le­ben oder Ei­gen­tum führt, was hier nach den Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts nicht der Fall ist. Es ge­nügt, wenn - wie hier nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts (UA S. 21) – da­von aus­zu­ge­hen ist, dass es auch in Zu­kunft zu den Ver­stö­ßen kom­men wird.

33 Ver­bo­te­nes Geh­weg­par­ken ver­letzt dar­über hin­aus auch die "Ord­nung des Ver­kehrs" im Sin­ne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Die auf den Geh­we­gen ver­bots­wid­rig ab­ge­stell­ten Fahr­zeu­ge neh­men ei­nen Ver­kehrs­raum in An­spruch, der ge­mäß § 12 Abs. 4 und 4a StVO i. V. m § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO na­ment­lich den Fu­ß­gän­gern zur Nut­zung zu­ge­wie­sen ist.

34 bb) Eben­so we­nig ist re­vi­si­ons­recht­lich et­was ge­gen die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts zu er­in­nern (UA S. 21 f.), die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO lä­gen vor. Nach die­ser Vor­schrift sind Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen nur dort an­zu­ord­nen, wo dies auf­grund der be­son­de­ren Um­stän­de zwin­gend er­for­der­lich ist.

35 Nach der Ver­ord­nungs­be­grün­dung (VkBl. 1997, 690; ab­ge­druckt auch bei Kö­nig, in: Hent­schel/Kö­nig/Dau­er, Stra­ßen­ver­kehrs­recht, 47. Aufl. 2023, § 45 StVO Rn. 5) ver­pflich­tet § 45 Abs. 9 StVO die zu­stän­di­gen Be­hör­den, bei der An­ord­nung von Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen re­strik­tiv zu ver­fah­ren und stets nach pflicht­ge­mä­ßem Er­mes­sen zu prü­fen, ob die vor­ge­se­he­ne Re­ge­lung durch Ver­kehrs­zei­chen und/oder Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen des­halb zwin­gend er­for­der­lich ist, weil die all­ge­mei­nen und be­son­de­ren Ver­kehrs­re­geln der Ver­ord­nung für ei­nen si­che­ren und ge­ord­ne­ten Ver­kehrs­ab­lauf nicht aus­rei­chen. Nach den un­strei­ti­gen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts wird in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen seit Jah­ren ge­gen das Geh­weg­park­ver­bot aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO ver­sto­ßen. Sei­ne An­nah­me, dass al­lein die Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung auch künf­tig vor­aus­sicht­lich nicht zu ei­nem ord­nungs­ge­mä­ßen Par­ken füh­ren wird (vgl. da­zu BVer­wG, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2019 - 3 C 7.17 - ‌B­Ver­w­GE 164, 253 Rn. 14), ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

36 cc) Nicht an­wend­bar ist hier ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO. Nach die­ser Vor­schrift dür­fen ins­be­son­de­re Be­schrän­kun­gen und Ver­bo­te des flie­ßen­den Ver­kehrs nur an­ge­ord­net wer­den, wenn auf Grund der be­son­de­ren ört­li­chen Ver­hält­nis­se ei­ne Ge­fah­ren­la­ge be­steht, die das all­ge­mei­ne Ri­si­ko ei­ner Be­ein­träch­ti­gung der in den vor­ste­hen­den Ab­sät­zen ge­nann­ten Rechts­gü­ter er­heb­lich über­steigt. Das Ein­schrei­ten, das die Klä­ger von der Be­klag­ten for­dern, zielt nicht - wie die­se Be­stim­mung vor­aus­setzt - auf ei­ne Be­schrän­kung oder ein Ver­bot des flie­ßen­den Ver­kehrs. Auf den ru­hen­den Ver­kehr ist § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO auch nicht des­halb zu er­stre­cken, weil die Vor­schrift die An­ord­nungs­vor­aus­set­zun­gen nicht ab­schlie­ßend, son­dern nur "ins­be­son­de­re" re­gelt (so VG Sta­de, Ur­teil vom 4. Ju­ni 2014 - 1 A 2664/12 - ju­ris Rn. 24). § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO er­fasst aus dem grö­ße­ren Kreis der Ver­kehrs­zei­chen und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen nach Satz 1 "ins­be­son­de­re Be­schrän­kun­gen und Ver­bo­te", aber nur des flie­ßen­den und nicht des ru­hen­den Ver­kehrs; die Be­schrän­kung auf den flie­ßen­den Ver­kehr ist ab­schlie­ßend (vgl. Will, in: Be­ck­OK StVR, § 45 StVO Rn. 384 m. w. N.; Klin­ger/Riehl, ZUR 2024, 259 <265>).

37 d) Die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für nach Lan­des­recht mög­li­che an­de­re Maß­nah­men zur Ver­hin­de­rung des Geh­weg­par­kens wie der Er­lass von Weg­fahr­ge­bo­ten oder Ab­schlep­p­an­ord­nun­gen lie­gen nach den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts eben­falls vor (UA S. 23 - 25).

38 e) Es ist - wie das Be­ru­fungs­ge­richt an­nimmt (UA S. 22 f.) – nicht zu er­ken­nen, dass die Be­klag­te die­se Maß­nah­men nicht so aus­ge­stal­ten könn­te, dass sie auch den An­for­de­run­gen des Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­sat­zes ge­nü­gen.

39 4. Die Klä­ger ha­ben nach den ge­nann­ten Vor­schrif­ten in­ner­halb noch dar­zu­le­gen­der räum­li­cher Gren­zen ei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über das Er­grei­fen von Maß­nah­men ge­gen das ver­bots­wid­ri­ge Par­ken auf den Geh­we­gen in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen. Da­von ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in Über­ein­stim­mung mit Bun­des­recht aus­ge­gan­gen.

40 a) Sub­jek­ti­ve Rech­te las­sen sich im Grund­satz nur aus Rechts­vor­schrif­ten ab­lei­ten, die das in­di­vi­du­ell ge­schütz­te pri­va­te In­ter­es­se, die Art sei­ner Ver­let­zung und den Kreis der un­mit­tel­bar ge­schütz­ten Per­so­nen hin­rei­chend deut­lich klar­stel­len und ab­gren­zen. Dritt­schutz wird ge­währt, wenn in qua­li­fi­zier­ter und zu­gleich in­di­vi­dua­li­sier­ter Wei­se auf schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen ei­nes er­kenn­bar ab­ge­grenz­ten Krei­ses Drit­ter Rück­sicht zu neh­men ist (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 25. Fe­bru­ar 1977 - 4 C 22.75 - BVer­w­GE 52, 122 <131>, vom 18. De­zem­ber 2014 - 4 C 36.13 - BVer­w­GE 151, 138 Rn. 40 und vom 28. März 2019 - 5 CN 1.18 - NVwZ 2019, 1685 Rn. 19). Die Norm muss den ab­ge­grenz­ten Kreis der ge­schütz­ten Per­so­nen nicht aus­drück­lich be­nen­nen; sie muss auch nicht in ih­rer vol­len Reich­wei­te dem Schutz in­di­vi­du­el­ler In­ter­es­sen die­nen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 19. Sep­tem­ber 1986 - 4 C 8.84 - Buch­holz 406.19 Nach­bar­schutz Nr. 71 - ju­ris Rn. 12). Es ge­nügt, wenn sich aus in­di­vi­dua­li­sie­ren­den Tat­be­stands­merk­ma­len der Norm ein Per­so­nen­kreis ent­neh­men lässt, der sich hin­rei­chend von der All­ge­mein­heit un­ter­schei­det (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 19. Sep­tem­ber 1986 a. a. O. und vom 28. No­vem­ber 2007 - 6 C 42.06 - BVer­w­GE 130, 39 Rn. 11). Da­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass sich die räum­li­che Ab­gren­zung des Per­so­nen­krei­ses als prak­tisch nicht nor­mier­bar er­wei­sen kann (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 19. Sep­tem­ber 1986 a. a. O.).

41 b) Dem Wort­laut, der Sys­te­ma­tik und der Ent­ste­hungs­ge­schich­te von § 12 Abs. 4 und 4a StVO las­sen sich kei­ne Hin­wei­se dar­auf ent­neh­men, ob und ge­ge­be­nen­falls in­wie­weit der Ver­ord­nungs­ge­ber dem grund­sätz­li­chen Ver­bot des Geh­weg­par­kens ei­ne dritt­schüt­zen­de Wir­kung bei­le­gen woll­te.

42 Ei­ne in Tei­len dritt­schüt­zen­de Wir­kung er­gibt sich je­doch aus dem Sinn und Zweck der Vor­schrift. Sie dient zu­nächst der Ord­nung des Ver­kehrs. Das aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO fol­gen­de grund­sätz­li­che Ver­bot des Geh­weg­par­kens er­gänzt für den ru­hen­den Ver­kehr die Tren­nung von Fahr­zeug- und Fu­ß­gän­ger­ver­kehr: Fahr­zeu­ge müs­sen die Fahr­bah­nen be­nut­zen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 StVO); wer zu Fuß geht, muss die Geh­we­ge be­nut­zen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVO; vgl. auch § 2 Abs. 5 StVO zu Kin­dern mit Fahr­rä­dern). Für den flie­ßen­den Ver­kehr sind die Fahr­bah­nen den Fahr­zeu­gen, die Geh­we­ge den Fu­ß­gän­gern zur haupt­säch­li­chen Nut­zung zu­ge­wie­sen. Par­ken dür­fen Fahr­zeu­ge auf Geh­we­gen nur, so­weit das durch Ver­kehrs­zei­chen oder Mar­kie­rung er­laubt ist (§ 12 Abs. 4 und 4a StVO). Die­se Auf­tei­lung des öf­fent­li­chen Stra­ßen­raums dient dem In­ter­es­se der All­ge­mein­heit an ei­ner si­che­ren und leich­ten Fort­be­we­gung al­ler Ver­kehrs­teil­neh­mer. Das Ver­bot, auf dem Geh­weg zu par­ken, wo nicht aus­drück­lich er­laubt, schützt al­ler­dings in ers­ter Li­nie die Fu­ß­gän­ger und an­de­re be­rech­tig­te Geh­weg­be­nut­zer. Sie kön­nen die Geh­we­ge - wie vor­ge­schrie­ben oder je­den­falls er­laubt - nur be­nut­zen, so­weit dort nicht Fahr­zeu­ge par­ken. § 12 Abs. 4 und 4a StVO soll ge­ra­de sie vor ei­nem Par­ken auf Geh­we­gen schüt­zen, so­weit dies nicht nach Ab­wä­gung mit ih­ren In­ter­es­sen er­laubt wur­de. Für ein sub­jek­ti­ves Recht al­ler Geh­weg­be­nut­zer ge­nügt das je­doch nicht. Sie sind nicht - wie in­so­weit er­for­der­lich - ein von der All­ge­mein­heit ab­ge­grenz­ter Kreis von Per­so­nen mit in­di­vi­du­ell ge­schütz­ten In­ter­es­sen an ei­ner un­ge­hin­der­ten Geh­weg­nut­zung, son­dern Teil der All­ge­mein­heit.

43 aa) Das aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO fol­gen­de Ver­bot des Geh­weg­par­kens schützt nicht nur das In­ter­es­se der Geh­weg­be­nut­zer als Teil der All­ge­mein­heit, son­dern - räum­lich be­grenzt - auch das in­di­vi­du­el­le In­ter­es­se der An­woh­ner an ei­ner be­stim­mungs­ge­mä­ßen Be­nut­zung des Geh­wegs, oh­ne da­bei durch par­ken­de Fahr­zeu­ge er­heb­lich be­ein­träch­tigt zu wer­den. In­so­weit kon­kre­ti­siert das Ver­bot die Grund­re­gel des Stra­ßen­ver­kehrs in § 1 Abs. 1 StVO. Nach die­ser Vor­schrift er­for­dert die Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr stän­di­ge Vor­sicht und ge­gen­sei­ti­ge Rück­sicht­nah­me. An­woh­ner sind ein er­kenn­bar ab­ge­grenz­ter Kreis Drit­ter. Sie sind auf die Nut­zung des vor ih­rem Grund­stück ver­lau­fen­den Geh­wegs in be­son­de­rer Wei­se an­ge­wie­sen. Die La­ge des von ih­nen be­wohn­ten Grund­stücks un­ter­schei­det sie von der All­ge­mein­heit. Dass sie in be­son­de­rer Wei­se be­trof­fen sind, ist oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar.

44 Sämt­li­che Klä­ger sind An­woh­ner in die­sem Sin­ne. Die Klä­ger zu 3 und 4 woh­nen zwar nicht mehr in der B. Stra­ße 8, sie sind aber wei­ter­hin Ei­gen­tü­mer des Grund­stücks. Als Ei­gen­tü­mer sind auch sie für die Nut­zung ih­res Grund­stücks in be­son­de­rer Wei­se auf den Geh­weg an­ge­wie­sen und von der All­ge­mein­heit un­ter­schie­den.

45 bb) Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen der An­woh­ner ist in der er­for­der­li­chen qua­li­fi­zier­ten Wei­se nur ge­bo­ten, wenn die ver­bots­wid­rig ge­park­ten Fahr­zeu­ge die Nutz­bar­keit des Geh­wegs, ins­be­son­de­re nach Aus­maß und Dau­er, er­heb­lich be­ein­träch­ti­gen. Aus dem Um­stand, dass § 12 Abs. 4 und 4a StVO das nicht durch Ver­kehrs­zei­chen oder Mar­kie­rung er­laub­te Par­ken auf der ge­sam­ten Brei­te des Geh­wegs und auch nur für kur­ze Dau­er ver­bie­tet, folgt nichts An­de­res. Das Ver­bot ist nicht ins­ge­samt ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung des Ge­bots der Rück­sicht­nah­me; auf die in­di­vi­du­el­len In­ter­es­sen der An­woh­ner ist nur Rück­sicht zu neh­men, wenn die Be­nutz­bar­keit des Geh­wegs er­heb­lich und da­mit in qua­li­fi­zier­ter Wei­se be­ein­träch­tigt wird. So­weit das nicht der Fall ist, dient das Ver­bot al­lein der Ord­nung des Ver­kehrs. Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen der An­woh­ner ist an­de­rer­seits nicht erst ge­bo­ten, wenn die Be­nut­zung des Geh­wegs nicht mehr mög­lich oder nicht mehr zu­mut­bar ist. Das Ge­bot der Rück­sicht­nah­me soll ei­nen an­ge­mes­se­nen In­ter­es­sen­aus­gleich ge­währ­leis­ten (vgl. für das Bau­recht BVer­wG, Ur­teil vom 14. Ja­nu­ar 1993 - 4 C 19.90 - Buch­holz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 - ju­ris Rn. 20). Bei un­zu­mut­ba­ren - im Sin­ne von nicht mehr hin­nehm­ba­ren - Be­ein­träch­ti­gun­gen bleibt für ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich und das Er­mes­sen der Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de bei der Ent­schei­dung über ein Ein­schrei­ten ge­gen das ver­bots­wid­ri­ge Geh­weg­par­ken we­nig Raum. In­di­vi­du­el­le Rück­sicht­nah­me und da­mit Dritt­schutz ist vor Er­rei­chen die­ser Schwel­le ge­bo­ten. Aus dem Ur­teil des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 4. Ju­ni 1986 - 7 C 76.84 - (BVer­w­GE 74, 234) zum Schutz von An­lie­gern vor Lärm auf der Grund­la­ge von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO er­gibt sich im Er­geb­nis nichts An­de­res. Da­nach kann der Ein­zel­ne ei­nen - auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung der Be­hör­de be­grenz­ten - An­spruch auf ver­kehrs­re­geln­des Ein­schrei­ten ha­ben bei Ein­wir­kun­gen des Stra­ßen­ver­kehrs, die das nach all­ge­mei­ner An­schau­ung zu­mut­ba­re Maß über­schrei­ten (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 4. Ju­ni 1986 - 7 C 76.84 - ‌B­Ver­w­GE 74, 234 <236>). Hier­für ge­nüg­ten - so das da­ma­li­ge Ur­teil - Lärm­be­ein­träch­ti­gun­gen, die jen­seits des­sen lä­gen, was un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Be­lan­ge des Ver­kehrs im kon­kre­ten Fall als orts­üb­lich hin­ge­nom­men wer­den müs­se; auch bei der­ar­ti­gen er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen dür­fe die Be­hör­de von ver­kehrs­be­schrän­ken­den Maß­nah­men ab­se­hen, wenn ihr dies mit Rück­sicht auf die da­mit ver­bun­de­nen Nach­tei­le ge­recht­fer­tigt er­schei­ne (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 4. Ju­ni 1986 a. a. O. S. 239 f.). An­halts­punk­te da­für, dass das da­ma­li­ge Ur­teil Dritt­schutz zu­guns­ten der An­woh­ner im Er­geb­nis erst bei schwe­re­ren als den vom Se­nat als aus­rei­chend er­ach­te­ten er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen er­öff­net hat, sind nicht er­sicht­lich. Glei­ches gilt, so­weit das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im An­schluss an die ge­nann­te Recht­spre­chung Dritt­schutz zu­guns­ten der An­woh­ner erst er­öff­net, wenn die Be­ein­träch­ti­gung das nach all­ge­mei­ner An­schau­ung zu­mut­ba­re Maß über­steigt (UA S. 25, 28 f.); das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die ma­ß­geb­li­che Schwel­le er­heb­li­cher Be­ein­träch­ti­gun­gen le­dig­lich ter­mi­no­lo­gisch an­ders be­zeich­net.

46 Ob Be­ein­träch­ti­gun­gen der Geh­weg­be­nut­zung durch ver­bots­wid­rig ge­park­te Fahr­zeu­ge er­heb­lich sind, hängt von den Um­stän­den des kon­kre­ten Ein­zel­falls ab (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 4. Ju­ni 1986 - 7 C 76.84 - BVer­w­GE 74, 234 <S. 239 f.>). Von Be­deu­tung sind u. a. die ver­blei­ben­de Geh­weg­brei­te, die Län­ge der Ver­en­gung, das Ver­hält­nis der ver­bots­wid­rig in An­spruch ge­nom­me­nen zur ge­sam­ten Geh­weg­flä­che, die Dich­te des Geh­weg­ver­kehrs und die Aus­weich­mög­lich­kei­ten so­wie die Dau­er der Be­ein­träch­ti­gun­gen. Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auch die Fol­gen des ver­bots­wid­ri­gen Par­kens für Per­so­nen im Roll­stuhl und mit Kin­der­wa­gen in den Blick ge­nom­men; Per­so­nen mit ei­nem Kind an der Hand sind eben­falls zu be­trach­ten. An­woh­ner ha­ben un­ab­hän­gig da­von, ob sie zu die­sem Per­so­nen­kreis ge­hö­ren, ein schutz­wür­di­ges ei­ge­nes In­ter­es­se, die­sen Per­so­nen bei der Be­nut­zung des Geh­wegs be­geg­nen zu kön­nen; für Ei­gen­tü­mer von Wohn­grund­stü­cken gilt nichts An­de­res. Ins­be­son­de­re bei Be­geg­nun­gen sind al­ler­dings Aus­weich­mög­lich­kei­ten zu be­rück­sich­ti­gen. Ei­ne Rest­geh­weg­brei­te - et­wa von 1,50 m –, de­ren Un­ter­schrei­ten zwin­gend oder auch nur in der Re­gel zu ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung führt, lässt sich nicht an­ge­ben. Er­for­der­lich ist stets ei­ne Ge­samt­wür­di­gung der je­wei­li­gen Um­stän­de.

47 Da­von ist auch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aus­ge­gan­gen (UA S. 29 f.). Nach sei­nen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen wird in den Stra­ßen, in de­nen die Wohn­grund­stü­cke der Klä­ger lie­gen, seit Jah­ren un­er­laubt na­he­zu durch­ge­hend auf­ge­setzt auf den Geh­we­gen ge­parkt (UA S. 2). Da­durch ver­blei­be ei­ne nutz­ba­re Geh­weg­brei­te von - zum Teil deut­lich - we­ni­ger als 1,50 m auf an­nä­hernd der ge­sam­ten Län­ge der Geh­we­ge; ein Be­geg­nungs­ver­kehr sei nicht mehr mög­lich (UA S. 30). An die­se Fest­stel­lun­gen ist das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO ge­bun­den; die Be­klag­te hat in­so­weit zu­läs­si­ge und be­grün­de­te Re­vi­si­ons­grün­de nicht vor­ge­bracht. Dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­ben un­ter ta­trich­ter­li­cher Wür­di­gung der Ge­samt­si­tua­ti­on (UA S. 30) die dar­ge­leg­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen für die Be­ja­hung ei­nes sub­jek­ti­ven Rechts der Klä­ger aus­ge­reicht. Das be­geg­net re­vi­si­ons­recht­lich kei­nen Be­den­ken.

48 5. Die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, das Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen der Be­klag­ten sei nicht auf Null re­du­ziert, sie kön­ne es auch in der Wei­se aus­üben, dass sie in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen je­den­falls der­zeit noch nicht ein­schrei­te (UA S. 32 ff.), ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

49 a) Nach stän­di­ger Recht­spre­chung ist der im Stra­ßen­ver­kehrs­recht im Rah­men von § 45 Abs. 1 StVO zu ge­wäh­ren­de Dritt­schutz grund­sätz­lich auf ei­nen An­spruch auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung der Be­hör­de be­grenzt (vgl. u. a. BVer­wG, Ur­tei­le vom 4. Ju­ni 1986 - 7 C 76.84 - BVer­w­GE 74, 234 <236> und vom 22. De­zem­ber 1993 - 11 C 45.92 - Buch­holz 442.151 § 46 StVO Nr. 9 = ju­ris Rn. 18 m. w. N.). Das­sel­be gilt - wie das Be­ru­fungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich ver­bind­lich ent­schie­den hat - hin­sicht­lich der hier für ein Ein­schrei­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken in Be­tracht kom­men­den lan­des­recht­li­chen Ein­griffs­er­mäch­ti­gun­gen. Es be­darf da­nach be­son­de­rer Um­stän­de, um ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null an­neh­men zu kön­nen. Zu­tref­fend geht das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus, dass da­bei ins­be­son­de­re das Aus­maß oder die Schwe­re der Stö­rung oder Ge­fähr­dung ei­ne ma­ß­ge­ben­de Be­deu­tung ha­ben, aber auch die Kon­kur­renz mit an­de­ren Hand­lungs­pflich­ten der Ver­wal­tung und der Um­stand mög­li­cher­wei­se knap­per Res­sour­cen be­rück­sich­tigt wer­den kön­nen. Schlie­ß­lich ist bei der Er­mes­sens­aus­übung auch das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot des Art. 3 Abs. 1 GG zu be­ach­ten (UA S. 32).

50 b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sei­ne Wer­tung im We­sent­li­chen dar­auf ge­stützt, dass ei­ne ein­ge­schränk­te Nutz­bar­keit der Geh­we­ge ver­blei­be. Al­lein die Dau­er und Häu­fig­keit der Ver­stö­ße führ­ten ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts nicht zu ei­ner Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null. Es han­de­le sich um ein stadt­weit ver­brei­te­tes Pro­blem, das über Jahr­zehn­te wei­test­ge­hend ge­dul­det wor­den sei. Die Res­sour­cen der Be­klag­ten sei­en be­grenzt. Vor die­sem Hin­ter­grund sei es nicht zu be­an­stan­den, wenn sie zu­nächst den Pro­blem­druck in den am stärks­ten be­trof­fe­nen Quar­tie­ren zu er­mit­teln und ein Kon­zept für ein stadt­wei­tes Vor­ge­hen um­zu­set­zen ge­den­ke (UA S. 33).

51 Die­se Er­wä­gun­gen sind re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Dass die Klä­ger die dar­ge­leg­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen durch ver­bots­wid­rig ge­park­te Fahr­zeu­ge - vor­be­halt­lich be­son­de­rer Si­tua­tio­nen im Ein­zel­fall - zu­nächst wei­ter dul­den müs­sen, be­las­tet sie nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig.

52 aa) Nach den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts sind die Geh­we­ge noch nutz­bar und nicht et­wa re­gel­mä­ßig über die ge­sam­te Brei­te mit Kraft­fahr­zeu­gen ver­stellt. Die von den Klä­gern vor­ge­leg­ten Bil­der zeig­ten, dass je­den­falls re­gel­mä­ßig ein Frei­raum ver­blei­be, der es dem ein­zel­nen Fu­ß­gän­ger er­mög­li­che, den Geh­weg zu nut­zen. Ei­ne Ge­fähr­dung von Le­ben und Ge­sund­heit der Klä­ger (Art. 2 Abs. 2 GG) durch ei­ne Not­wen­dig­keit, auf die Stra­ße zu tre­ten, sei nicht fest­zu­stel­len (UA S. 26 f.). Die Klä­ger rü­gen die­se Fest­stel­lung als ak­ten­wid­rig. Die von ih­nen vor­ge­leg­ten Licht­bil­der zeig­ten, dass an den Ta­gen der Müll­ab­fuhr die ver­blei­ben­den Geh­weg­brei­ten durch Müll­ton­nen ver­stellt wür­den. Ei­ne Ak­ten­wid­rig­keit er­gibt sich dar­aus nicht. Die An­nah­me, dass je­den­falls re­gel­mä­ßig Frei­räu­me ver­blie­ben, ist ei­ne ver­tret­ba­re ta­trich­ter­li­che Wür­di­gung des Bild­ma­te­ri­als.

53 So­weit die Klä­ger gel­tend ma­chen, durch das Zu­par­ken von auf den Geh­we­gen lie­gen­den Gas- und Was­ser­an­schlüs­sen kom­me es zu ei­ner Be­ein­träch­ti­gung ih­res durch Art. 14 Abs. 1 GG ge­schütz­ten Ei­gen­tums, fehlt es an ent­spre­chen­den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts; Ver­fah­rens­rü­gen ha­ben sie in­so­weit nicht er­ho­ben. Glei­ches gilt für ih­ren Vor­trag zur Be­hin­de­rung von Lösch- und Ret­tungs­fahr­zeu­gen.

54 bb) Das In­ter­es­se der par­ken­den Ver­kehrs­teil­neh­mer an ei­ner un­ge­hin­der­ten Fort­set­zung ih­res rechts­wid­ri­gen Ver­hal­tens kann den In­ter­es­sen der Klä­ger - wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­tref­fend dar­ge­legt hat (UA S. 34) – nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den; es ist nicht schutz­wür­dig. Die lang­jäh­ri­ge ge­ne­rel­le Dul­dung des un­er­laub­ten Geh­weg­par­kens durch die Be­klag­te kann al­ler­dings er­for­dern, de­ren Be­en­di­gung und die ge­plan­ten Maß­nah­men an­zu­kün­di­gen.

55 Dem In­ter­es­se der Klä­ger steht aber das im öf­fent­li­chen In­ter­es­se lie­gen­de Ziel ge­gen­über, durch Re­ge­lun­gen des ru­hen­den Ver­kehrs und an­de­re Maß­nah­men zu des­sen Len­kung die In­ter­es­sen von Fu­ß­gän­gern, Fahr­zeug­füh­rern und ge­ge­be­nen­falls wei­te­ren Nut­zern im öf­fent­li­chen Stra­ßen­raum zu ei­nem an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zu brin­gen und zwar nicht nur in den streit­ge­gen­ständ­li­chen, son­dern auch in den an­de­ren Stra­ßen, in de­nen ver­bots­wid­rig auf Geh­we­gen ge­parkt wird. Wenn die Be­klag­te das Par­ken zur Be­en­di­gung des ver­bots­wid­ri­gen Zu­stands in be­stimm­ten Be­rei­chen durch Ver­kehrs­zei­chen oder Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen ver­bie­tet oder un­ter­bin­det, in an­de­ren Be­rei­chen aber zu­lässt, trifft sie in­so­weit auf schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen nicht nur der Fu­ß­gän­ger, son­dern auch der Fahr­zeug­füh­rer. Sie muss die ge­gen­läu­fi­gen In­ter­es­sen in der je­wei­li­gen ört­li­chen Si­tua­ti­on er­mit­teln und zu ei­nem Aus­gleich brin­gen. Hier­bei muss sie auch die Aus­wir­kun­gen ih­rer Maß­nah­men auf an­de­re Stra­ßen und de­ren An­woh­ner be­rück­sich­ti­gen; die Re­ge­lun­gen kön­nen dort er­laub­tes Par­ken er­heb­lich er­schwe­ren.

56 cc) Hat die Be­klag­te nach ei­ner Be­stands­auf­nah­me in den be­trof­fe­nen Quar­tie­ren ein Kon­zept für ein stadt­wei­tes Vor­ge­hen ent­wi­ckelt, wer­den die Be­lan­ge der Klä­ger nicht un­an­ge­mes­sen zu­rück­ge­stellt, wenn sie zu­nächst in an­de­ren, nach dem Kon­zept vor­ran­gi­gen Stra­ßen Maß­nah­men er­greift. Das gilt je­doch - wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat (UA S. 33) – nur, so­lan­ge sie das Kon­zept tat­säch­lich und nach­voll­zieh­bar ver­folgt. Ei­ne blo­ße wei­te­re Dul­dung des bis­he­ri­gen ver­bots­wid­ri­gen Zu­stands wird den schutz­wür­di­gen und -be­dürf­ti­gen In­ter­es­sen der Klä­ger nicht ge­recht. Dass die Be­klag­te den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen Vor­rang vor al­len an­de­ren be­trof­fe­nen Stra­ßen ge­ben müss­te, ist we­der gel­tend ge­macht noch sind vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ent­spre­chen­de Tat­sa­chen fest­ge­stellt.

57 6. Die im Be­ru­fungs­ur­teil un­ter Auf­he­bung der an­ge­foch­te­nen Be­schei­de aus­ge­spro­che­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, über die An­trä­ge der Klä­ger auf Ein­schrei­ten ge­gen das ver­bots­wid­ri­ge Geh­weg­par­ken in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts er­neut zu ent­schei­den, ist mit der noch dar­zu­le­gen­den Ein­schrän­kung (vgl. 7.) mit Bun­des­recht ver­ein­bar.

58 a) Die An­nah­me des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die Be­klag­te ha­be ihr Er­mes­sen in den an­ge­foch­te­nen Be­schei­den nicht feh­ler­frei aus­ge­übt, be­geg­net re­vi­si­ons­recht­lich kei­nen Be­den­ken. Die Be­klag­te ist - wie dar­ge­legt - un­zu­tref­fend (vgl. II. 3. b)) da­von aus­ge­gan­gen, die Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de sei für Maß­nah­men ge­gen das un­er­laub­te Geh­weg­par­ken auf der Grund­la­ge von Lan­des­recht in Ver­bin­dung mit § 12 Abs. 4 und 4a StVO sach­lich nicht zu­stän­dig. Die Er­wä­gung im Wi­der­spruchs­be­scheid, an­ge­sichts des be­reits § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu ent­neh­men­den Ver­bots des Geh­weg­par­kens ste­he ei­ner An­ord­nung von Ver­kehrs­zei­chen oder -ein­rich­tun­gen der in der Ver­wal­tungs­vor­schrift zu §§ 39 bis 43 StVO ent­hal­te­ne Grund­satz ent­ge­gen, "nur so vie­le Ver­kehrs­zei­chen wie nö­tig - so we­ni­ge Ver­kehrs­zei­chen wie mög­lich", ist bei den hier vor­lie­gen­den an­dau­ern­den und er­heb­li­chen Ver­stö­ßen ge­gen das Geh­weg­park­ver­bot - wie ge­zeigt (vgl. II. 3. c) bb)) – eben­falls nicht trag­fä­hig. Die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, ei­ne ent­spre­chen­de Be­schil­de­rung oder Mar­kie­rung wer­de die Wahr­schein­lich­keit ei­nes re­gel­kon­for­men Park­ver­hal­tens er­hö­hen (UA S. 31 f.), ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

59 b) Die von der Be­klag­ten bei ih­rer er­neu­ten Ent­schei­dung zu be­ach­ten­de Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts steht - wie im Rah­men der gel­tend ge­mach­ten Re­du­zie­rung des Ent­schlie­ßungs­er­mes­sens dar­ge­legt (vgl. II. 5. b)) – eben­falls mit Bun­des­recht in Ein­klang. So­weit es an­nimmt, für ein Ab­se­hen von Maß­nah­men mit über­schau­ba­rem Auf­wand wer­de ein "er­höh­ter Be­grün­dungs­auf­wand" bzw. ei­ne "be­son­ders trag­fä­hi­ge Be­grün­dung" er­for­der­lich sein (UA S. 33 f.), han­delt es sich um blo­ße Hin­wei­se und nicht um ei­ne zu be­ach­ten­de Rechts­auf­fas­sung.

60 c) Zu Un­recht hal­ten die Klä­ger das Be­ru­fungs­ur­teil für feh­ler­haft, weil das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt nicht über das in ih­rem Kla­ge­an­trag zu 3. ent­hal­te­ne Be­geh­ren ent­schie­den ha­be, der Be­klag­ten ter­min­lich ge­bun­de­ne Eva­lu­ie­rungs­pflich­ten und - bei nicht hin­rei­chen­der Zwecker­rei­chung - wei­te­re Hand­lungs­pflich­ten auf­zu­er­le­gen. Die Auf­er­le­gung sol­cher Pflich­ten kä­me al­len­falls in Be­tracht, wenn die Be­klag­te schon der­zeit ge­gen das Geh­weg­par­ken in den streit­ge­gen­ständ­li­chen Stra­ßen vor­ge­hen müss­te. Das ist - wie dar­ge­legt - nicht der Fall.

61 7. Nicht ver­ein­bar mit Bun­des­recht ist die Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, der An­spruch der Klä­ger auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung über Maß­nah­men ge­gen un­er­laub­tes Par­ken auf dem Geh­weg er­stre­cke sich nicht nur auf "ih­re" Stra­ßen­sei­te im Stra­ßen­ab­schnitt bis zur Ein­mün­dung der nächs­ten Quer­stra­ße, son­dern auf die je­weils streit­ge­gen­ständ­li­che Stra­ße ins­ge­samt. Bei ih­rer er­neu­ten Ent­schei­dung hat die Be­klag­te in­so­weit die Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts zu be­ach­ten.

62 Sub­jek­ti­ve Rech­te der An­woh­ner be­grün­det § 12 Abs. 4 und 4a StVO vor­be­halt­lich be­son­de­rer ört­li­cher Ge­ge­ben­hei­ten - für die hier nichts er­sicht­lich ist - nur für den Geh­weg der "ei­ge­nen" Stra­ßen­sei­te des An­woh­ners im Stra­ßen­ab­schnitt bis zur Ein­mün­dung der nächs­ten Quer­stra­ße. Auf den Geh­weg vor dem ei­ge­nen Grund­stück ist das sub­jek­ti­ve Recht hin­ge­gen nicht be­schränkt; ein sol­ches Recht könn­te, wenn die Nutz­bar­keit des Geh­wegs auch im wei­te­ren Ver­lauf der Stra­ße er­heb­lich be­ein­träch­tigt ist, zur Er­reich­bar­keit des Grund­stücks nicht oder nur un­we­sent­lich bei­tra­gen. Wenn die er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen über den Stra­ßen­ab­schnitt hin­aus­rei­chen, kann - je nach den We­ge­be­zie­hun­gen - mög­li­cher­wei­se auch das sub­jek­ti­ve Recht im dar­ge­leg­ten Um­fang nur ei­nen be­grenz­ten Bei­trag zur Er­reich­bar­keit des Grund­stücks leis­ten. Au­ßer­halb des ei­ge­nen Ab­schnitts und der ei­ge­nen Stra­ßen­sei­te sind An­woh­ner und Ei­gen­tü­mer aber nicht mehr hin­rei­chend von der All­ge­mein­heit un­ter­scheid­bar.

63 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ger ge­bie­tet ih­re durch Art. 2 Abs. 1 GG ge­schütz­te all­ge­mei­ne Hand­lungs­frei­heit nicht, das aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO ab­ge­lei­te­te sub­jek­ti­ve Recht wei­ter zu fas­sen. In­wie­fern das Grund­recht den Ge­setz- oder Ver­ord­nungs­ge­ber ver­pflich­ten soll­te, An­woh­nern sub­jek­ti­ve Rech­te ein­zu­räu­men, um die ge­nann­te Frei­heit vor Be­ein­träch­ti­gun­gen durch ver­bots­wid­rig ge­park­te Fahr­zeu­ge zu schüt­zen, ist nicht er­sicht­lich. Im Üb­ri­gen führt die Aus­le­gung des § 12 Abs. 4 und 4a StVO, wenn auch räum­lich in der dar­ge­leg­ten Wei­se be­grenzt, zu ei­nem An­spruch der Klä­ger auf er­mes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung der Be­klag­ten über ein Ein­schrei­ten ge­gen das Geh­weg­par­ken.

64 Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO.