Gamescom: Next Level Demokratie
Die Welt der Spiele erreicht neben Freizeit und Sport nun auch Politik und Gesellschaft. Sollten sich auch Kommunen damit beschäftigen?
Auf der weltgrößten Computerspielmesse, die in diesen Tagen in Köln stattfindet, ist die Frage, wie Politik mit Games erfahrbar gemacht werden kann, eines der Kongressthemen. Gerade junge Menschen, die einen Großteil ihrer Zeit in der Welt der Spiele verbringen, könnten so mit interessanten politischen Themen erreicht werden. Games können im Gegensatz zu Büchern oder Filmen etwas anderes vermitteln. Der Spieler wird zur Hauptperson, kann gestalten und Einfluss nehmen. In Spielen müssen Entscheidungen getroffen werden. Das müssen Politiker auch, jeden Tag. Der Spieler gestaltet und investiert in Dinge die virtuell dargestellt werden, die er weiter entwickeln an. Die Auswirkungen zeigen sich im Spielverlauf. So wäre es denkbar, die Auswirkungen von Haushaltsentscheidungen in einer Stadt zu simulieren und spielerisch zu zeigen. Unterschiedliche Handlungsansätze, z.B. von politischen Parteien, könnten so dargestellt und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger als Spieler sichtbar gemacht werden. Komplexe Informationen könnten im Spielverlauf einfacher vermittelt und verstanden werden. Auch für die politische Bildung wäre dies ein interessanter Aspekt. Politische Simulationen gibt es schon seit einigen Jahren, wie z.B. das Spiel Civilization, die jetzt durch die höhere Rechenleistung noch intensiver gespielt werden können. Durch Spiele kann Demokratie erklärt werden, man kann Impulse zum Mitmachen bekommen und erleben, wie die eigenen Entscheidungen auf die Gemeinschaft wirken. Es ist möglich verschiedene Rollen einzunehmen, z.B. die der Zivilgesellschaft oder auch die von Verwaltungsexperten und Politikern, um die unterschiedlichen Betroffenheiten deutlich zu machen. Empathie kann durch gespielte Aktionen verstärkt werden. „Green Guardians“, ein VR-Spiel aus dem SWR-X-Lab, wurde gerade auf der Gamescom vorgestellt. Durch Interaktion und Teamwork sollen Spielende Fake News zum Klimawandel aufdecken.
Jede Technik hat zwei Seiten. So finden leider auch diktatorische Systeme in virtuellen Welten ihre Spieler. Das Feld darf man den Zerstörern der Demokratie nicht einfach überlassen. Man muss dagegen setzen. Parteien, Einrichtungen der politischen Bildung, Ministerien und Kommunen sollten sich überlegen, wie sie Spiele zur Stärkung der Demokratie und für ihre Arbeit nutzen können. Kontakte zu Spieleentwickler oder entsprechenden Communities wäre sicherlich sinnvoll.
"Die Welt steht nicht still - es gibt immer etwas Neues."
Aber es geht in Games nicht nur um Politik: Die riesigen digitalen Datenmengen, über die Behörden in den nächsten Jahren nicht zuletzt durch Cloud Computing und KI verfügen werden, können für Simulationen von Planungen oder für Wirkungsanalysen von Maßnahmen genutzt werden. Experten sprechen von Gemification. Auch in der Arbeitswelt können mit Videospielen Co-Präsenzen aufgebaut werden, die beispielsweise zwei Akteure in ihren Homeoffices virtuell zusammenbringen um sie so besser interagieren zu lassen. Auch der Einsatz von Games bei Bürgerbeteiligungen ist denkbar. In dem Spiel "City Skylines" können Spieler eine Stadt von Grund auf aufbauen und verwalten. Bürgerinnen und Bürger könnten in einer virtuellen Umgebung ihre Stadt mitgestalten. Sie könnten über städtebauliche Projekte abstimmen, die Verkehrsplanung simulieren oder Umweltschutzmaßnahmen testen. Durch das Spielen könnten sie die Auswirkungen ihrer Entscheidungen in Echtzeit erleben und besser verstehen, wie verschiedene politische Maßnahmen die Entwicklung einer Stadt beeinflussen. Die österreichische Informatikerin Johanna Pirker beschäftigt sich derzeit mit dem Einsatz von Computerspielen auch in der Politik. Sie lehrt derzeit an der LMU und der TU Graz.