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Zeitumstellung: Seit 30 Jahren stellt er die Turmuhr per Hand um

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Der Hüter der Argeter Turmuhr: Helmut Berthold kümmert sich darum, dass das alte Uhrwerk reibungslos funktioniert. Um die Zeit umzustellen, hält er das Pendel an.
Der Hüter der Argeter Turmuhr: Helmut Berthold kümmert sich darum, dass das alte Uhrwerk reibungslos funktioniert. Um die Zeit umzustellen, hält er das Pendel an. © Volker Camehn

Ob Winter oder Sommer: Seit 30 Jahren stellt Helmut Berthold die Argeter Turmuhr per Hand um.

Arget – Gezählt hatte er sie bislang nicht. 70 Treppenstufen überwindet Helmut Berthold jede Woche, wenn er in der Argeter Kirche St. Michael zu seinem Turmuhrwerk hochsteigt. 35 steile Stufen hoch, 35 Stufen runter. Im Monat sind das also fast 300 Stufen, macht im Jahr gut 3600 Tritte. Helmut Berthold (85) ist so etwas wie der Hüter der Argeter Turmuhr, für die eigentlich die Gemeinde zuständig ist, wie Berthold sagt.

Schon von 1965 bis 1975 hat er diesen Job erledigt

Der ehemalige Feinmechaniker sorgt jetzt schon seit 2001 dafür, dass das Uhrwerk wie geschmiert läuft, träufelt Öl nach und schaut auch sonst, dass die zahlreichen Zahnräder und Stifte aus gehärtetem Stahl reibungslos ineinander greifen und so die Turmuhr stets pünktlich ihre Zeit anzeigt. Für Berthold keine ganz neue Aufgabe: Schon von 1965 bis 1975 hat er diesen Job erledigt, für „50 Mark im Jahr“. Heute zahlt ihm die Gemeinde nichts mehr für seine Dienste, obwohl sie für Betrieb und Wartung des Uhrwerks eigentlich zuständig ist. Bestrebungen der Kommune sich dieser Pflichten zu entledigen, liefen bislang ins Leere, erzählt Berthold. „Aber ich brauche das Geld ja nicht.“ Und das imposante Uhrwerk ist ihm ans Herz gewachsen, Helmut Berthold fühlt sich dafür nicht weniger als verantwortlich.

Regelmäßig ölt Helmut Berthold das alte Uhrwerk. Es ist ihm in den vielen Jahren ans Herz gewachsen.
Regelmäßig ölt Helmut Berthold das alte Uhrwerk. Es ist ihm in den vielen Jahren ans Herz gewachsen. © Volker Camehn

Samstag hält er das Pendel an

Doch der Uhrenwart ist nicht nur für Funktionstüchtigkeit zuständig. Einmal im Jahr ist alles anders. nämlich dann, wenn, wie an diesem Wochenende in der Nacht von Samstag auf Sonntag, die Uhren bundesweit auf Winterzeit umgestellt werden müssen. Dann steigt Helmut Berthold am Samstag gegen 18 Uhr hoch in den Kirchturm und hält das Pendel an, welches durch zwei 25 Kilogramm schwere Zuggewichte betrieben wird („Das funktioniert wie bei einer alten Standuhr“). „Ich gehe danach erstmal heim, komme nach einer Stunde wieder und schubse das Pendel wieder in Bewegung“, erzählt Berthold.

Uhrwerk in St. Michael stammt noch aus dem Jahr 1876,

Das Uhrwerk in St. Michael stammt noch aus dem Jahr 1876, das bislang letzte Uhrwerk im Turm der Argeter Pfarrkirche. Die Zuggewichte werden seit 1952 mittels einer simplen Elektromechanik gesteuert. Für Helmut Berthold ist die Turmuhr Verpflichtung und Leidenschaft zugleich, überhaupt ruft man ihn gerne, wenn es irgendwo klemmt. So hat Berthold auch schon die Kirchenorgel in St. Michael repariert und so der Kirchengemeinde viel Geld gespart. „Sie hatten schon angefangen für ein neues Instrument zu sammeln“, lächelt er. Zur Einstellung der Sommerzeit wird er am 30. März die 35 Stufen zu seinem Uhrwerk wieder hinaufsteigen. Dann stellt er die Uhr eine Stunde vor, indem er das Gestänge, welches zum Zifferblatt führt, solange nach rechts dreht, bis die Kirchturmuhr erneut auf dem aktuellen Stand ist. „Zurückstellen geht so allerdings nicht“, sagt Berthold.

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