Neustart in der Sozialpolitik unverzichtbar
Die Lage in Deutschland ist schwierig. Es fehlt an Wachstum, an Digitalisierung, die Energiekosten sind hoch und die Bürokratie nimmt – entgegen allen Beteuerungen – nicht ab, sondern zu.
Das einzige, was dynamisch wächst, ist der Sozialstaat. Kein Tag vergeht, an dem nicht neue Leistungen des Staates gefordert oder beschlossen werden. Natürlich ist es nie genug. Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Aktivisten kennen nur eine Richtung – mehr und bessere Leistungen möglichst für alle. Natürlich immer mit der Überzeugung, auf der ganz richtigen Seite zu stehen.
Dass der Staat nur das verteilen kann, was er den Menschen vorher über Steuern abgenommen hat, spielt dabei keine Rolle. Gerne wird auf die „bösen Reichen“ gezeigt. Bemerkenswerterweise wird dabei selten definiert, wo denn dieser sogenannte Reichtum anfängt. Breite Zustimmung ist gesichert, denn es sind ja immer die anderen, die etwas leisten sollen.
Fördern und Fordern - Weniger Bürokratie, mehr Hilfe
Das sogenannte Bürgergeld ist zurecht in der Diskussion. Im Jahre 2024 bezogen in Deutschland bis Juli durchschnittlich rund 4 Mio. erwerbsfähige und ca. 1,5 Mio. nicht erwerbsfähige Personen Bürgergeld; insgesamt also etwa 5,5 Mio. Personen. Die Kosten belaufen sich auf ca. 50 Mrd. Euro, das sind immerhin 23 Prozent mehr als 2015.
Das ist umso erstaunlicher, als überall Arbeitskräfte gesucht werden. Kein Discounter, wo nicht Plakate darauf hinweisen, man stelle ein. Auch einfache Tätigkeiten – zum Beispiel das Befüllen der Regale – sind gefragt. Da ist weder eine besondere Sprachkenntnis oder Qualifikation erforderlich.
Das zeigt, wir brauchen einen Neustart in der Sozialpolitik. Klare, einfache und vor allen Dingen unbürokratische Regelungen, nach dem Motto „fördern und fordern“. Das bisherige System ist kaum reformierbar. Zu viele, zu bürokratische Regelungen, immer mit dem Ziel der Einzelfallgerechtigkeit. Notwendig sind mehr Pauschalierungen, mehr Anreize, mehr Flexibilität und auch mehr Härte.
Dazu gehört auch mehr Ehrlichkeit. In kaum einem anderen Land sind die Leistungen so komfortabel wie in Deutschland. Das Motto „nur mehr ist richtig“ darf nicht gelten. Entscheidend ist mehr Betreuung, mehr Pflichten, aber auch mehr Perspektiven für die Betroffenen und mehr Spielräume für die Berater:innen in den Jobcentern. In der Sozialpolitik steht Deutschland am Scheideweg.
Das Land hat große Chancen, wenn es sich endlich auf seine Fähigkeiten besinnt: Innovation, Fleiß, Kreativität, gemeinsam und überzeugt von einer guten Zukunft. Diese Zeichen muss die Politik setzen und nicht immer neue, kaum erfüllbare und finanzierbare Versprechen formulieren. (Moritz Petry)