Digitales Rathaus ist mehr als E-Government
Das Positionspapier des Gemeindetags Baden-Württemberg zum Digitalen Rathaus bietet eine solide Basis für die Digitalisierung der Verwaltung in den baden-württembergischen Kommunen. Das Papier adressiert wichtige Themen wie E-Government, IT-Infrastruktur und Prozessmanagement, was grundlegende Schritte in Richtung einer modernen, digitalen Verwaltung sind. Es gibt den mehr als 1.100 Städten und Gemeinden konkrete Handlungsempfehlungen, wie sie Verwaltungsleistungen effizienter und schneller mit hoher Qualität erstellen können. Dazu zählt zum Beispiel die technische Ausstattung eines Arbeitsplatzes oder die Notwendigkeit der E-Akte. Bemerkenswert ist die Umsetzung des Digitallotsenprogramms. Hier hat der Gemeindetag Baden-Württemberg bundesweit Pionierarbeit geleistet. Verwaltung ist heute ein wichtiger Standortfaktor, insbesondere für Unternehmen. Sie muss ihr Leistungsangebot ständig optimieren. Mit dem Positionspapier wird deutlich, was getan werden muss.
Wege zur innovativen und vernetzten Verwaltung der Zukunft
Dem Papier fehlt allerdings ein Innovationskapitel, das insbesondere auf die Veränderungen durch stärkere Vernetzung, überregionale Kooperationen und die künftige gemeinsame Ressourcennutzung eingeht – gerade für kleinere Kommunen, die oft mit knappen personellen und finanziellen Ressourcen arbeiten. Derzeit werden die Weichen durch IT-Plattformen, Cloud und KI neu gestellt. Mit dem Einsatz von KI beginnt eine neue Epoche, die unser Leben, Arbeiten, Lernen und Freizeitgestaltung verändern wird. Diese technologischen Entwicklungen bieten zugleich Instrumente, um den Klimawandel aktiv anzugehen und unseren Planeten zu erhalten.
Ein zusätzliches Innovationskapitel, das über erste Ansätze wie Sandboxes hinausgeht, sollte dem Papier angefügt werden. Darin sind Innovationsimpulse für die Zukunft der Verwaltung aufzuzeigen, um einen frühzeitigen Ausblick auf notwendige Reformen zu geben. Im Vordergrund muss hier die digitale interkommunale Zusammenarbeit stehen. Hier liegen gewaltige Bedarfe brach. Die Digitalisierung bestehender Prozesse in einer einzelnen Verwaltung allein reicht nicht aus, um den künftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Die Verwaltungsdigitalisierung wird Stückwerk bleiben, wenn sie nicht mit einer umfassenden Verwaltungsmodernisierung einhergeht, die auch die Aufgaben, Organisation und Personal mit reflextiert und neu aufsetzt.Tiefgreifende Reformen in der Verwaltungskultur, den Arbeitsstrukturen und der Personalpolitik sind unerlässlich. Digitale Weiterbildungsprogramme sollten umfassend eingeführt werden, um Verwaltungsmitarbeiter auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Dies schließt spezialisierte Fachkenntnisse in Bereichen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung ein. Besonders wichtig ist die Einführung von E-Learning-Programmen, die leicht zugänglich und praxisnah sind. Die Verwaltungsschule in Karlsruhe ist u.a. mit dem Digitallotsenprojekt hier bereits auf dem richtigen Weg.
Um dem Fachkräftemangel gezielt zu begegnen, sollten attraktive Programme für Quereinsteiger aus der Privatwirtschaft und anderen Sektoren geschaffen werden. Dies kann besonders in hochspezialisierten Bereichen wie IT-Sicherheit, Klimaschutz oder Datenanalyse wertvoll sein, um neue Perspektiven in die Verwaltung zu bringen. Flexible Arbeitsmodelle, die remote und ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen, sollten verstärkt eingeführt werden. Diese Modelle sind besonders wichtig für schwer zu besetzende Positionen in spezialisierten Bereichen, da sie das Arbeiten über geographische Grenzen hinweg vereinfachen und neue Talente anziehen können. Zudem könnte die Einführung projektbasierter Strukturen helfen, in interdisziplinären und temporären Teams über kommunale Grenzen hinweg an spezifischen Herausforderungen zu arbeiten.
Auch das Thema Smart City und smarte Regionen sollte im Innovationskapitel eine zentrale Rolle spielen. Smarte Städte und Regionen ermöglichen die Nutzung vernetzter Technologien, um städtische Infrastrukturen effizienter, nachhaltiger und bürgerfreundlicher zu gestalten. Durch den Einsatz von Sensoren und KI können Prozesse in der Verwaltung automatisiert, Verkehrsströme optimiert und Umweltziele besser erreicht werden. Kleine und mittlere Kommunen könnten von regionalen Smart-City-Partnerschaften profitieren, die den Zugang zu Technologien und Expertise ermöglichen und so die digitale Transformation auch in ländlichen Gebieten vorantreiben. Solche Partnerschaften könnten ebenfalls dazu beitragen, Ressourcen effizienter zu nutzen und Synergien zwischen verschiedenen Akteuren zu schaffen.
Die Etablierung regionaler Kompetenzzentren für spezialisierte Aufgaben wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit würde kleineren Kommunen den Zugang zu dringend benötigtem Fachwissen und Ressourcen erleichtern. Durch den regionalen Ansatz können Expertise und Kapazitäten effizienter genutzt werden, ohne kleine Kommunen zu überfordern. Der administrative Teil der Verwaltung basiert zunehmend auf Daten. Daher ist die Nutzung von Cloud-Lösungen, kombiniert mit strengen IT-Sicherheitsmaßnahmen, für die effiziente Verwaltung unverzichtbar. Gerade kleinere Kommunen können von der Cloud profitieren, da sie so eine sichere, kostengünstige und skalierbare IT-Infrastruktur erhalten.
Agile Arbeitsmethoden und eine Kultur des kontinuierlichen Lernens sollten in der Verwaltung gefördert werden. Dies könnte durch regelmäßige Evaluierungen und die Anpassung von Verwaltungsprozessen unterstützt werden, um flexibel auf neue Herausforderungen reagieren zu können.
Eine Kombination aus technologischen, organisatorischen und personellen Reformen ist notwendig, um den Anforderungen der nächsten Jahre gerecht zu werden. Dies gilt für jede Kommune, unabhängig von ihrer Größe. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen darauf ab, die Verwaltung nicht nur digitaler, sondern auch innovativer und agiler zu gestalten, um den Herausforderungen wie Fachkräftemangel und spezialisierten Aufgaben wie dem Klimaschutz gerecht zu werden, ohne die kleinen Kommunen zu überfordern. Indem diese Reformen schrittweise eingeführt und regional angepasste Lösungen entwickelt werden, kann die Verwaltung auf die Zukunft vorbereitet und gleichzeitig bürgerfreundlicher und effizienter gestaltet werden (Franz-Reinhard Habbel)